Die Prostitution, 2. Teil - Die sich verkaufen

Deutschland 1919 Spielfilm

Die sich verkaufen. Die Prostitution. 2. Teil


Film-Kurier, Nr. 74, 31.8.1919


(...) Dieser Film behandelt die Gesinnungs-Prostitution, die Käuflichkeit der Überzeugung des Mannes, die verwerflicher ist, als die Prostitution des Körpers. Hier verkaufen Leute ihre Überzeugung und ihr freies Urteil um Geld oder für andere Vorteile. Die Korruption der Presse und des Journalismus ist Gegenstand der Behandlung und wird eindringlich vor Augen geführt. Der Film ist voll starker Dramatik und geschickt gemacht. Robert Liebmann und Richard Oswald haben ein allgemein interessantes, stets aktuelles Thema scharf gezeichnet. Wenn vielleicht die Aktschlüsse der ersten Akte nicht so stark und das Tempo nicht so flott ist, so bringen die letzten Akte soviel Wuchtiges, daß der Gesamteindruck ein äußerst großer ist. Die stärksten Szenen sind die zwischen Schünzel und Winterstein und die große Szene des Seelenkampfes Veidts, der einen Redakteur spielt, der den Konflikt der Pflichten kämpft. Darstellerisch bedeutet der Film eine reine Ensemblewirkung. Reinhold Schünzel gibt seine bisher beste Leistung. Er versteht es durch den Gang, die Haltung und die ganze Art seiner Bewegungen das Fehlen der Worte beim Film zu ersetzen und die von ihm gespielte Figur durch Nuancen scharf zu charakterisieren. Sein Spiel strotzt hier förmlich von schmieriger frecher Gemeinheit und sein Gesicht ist, wie nur von ganz wenigen Schauspielern, durch seine Ausdrucksfähigkeit ausgesprochen für den Film geeignet. E. von Wintersteins Szene, wo er zusammenbricht und sich dann wankend erhebt, ist klassische Filmkunst. Konrad Veidt zeigt hier wieder, daß er einer unserer besten Filmschauspieler ist, die ihre Rolle geistig durcharbeiten. Auch auf seinem Gesicht kann man eine ganze Skala seelischer Vorgänge ablesen. Ilka Grüning, Gertrud Hoffmann, Kissa von Sievers, Paul Morgan und Preben Rist vervollständigen dieses erstklassige Ensemble. Richard Oswald hat eine dieser Art Spielfilm ganz eigene persönliche Art der Regie gefunden, die er treffend zu handhaben weiß. Besonders die Technik der Großaufnahmen liegt ihm. Karl Freunds Bilder sind von seltener Klarheit und Plastik. Es ist in diesem Film das Hauptgewicht auf Spiel gelegt, und man vermißt nicht einen Augenblick das Fehlen großer Bauten. Man sollte den hier beschrittenen Weg weiter verfolgen.

Rights statement