Kontinuum

BR Deutschland 1990 Dokumentarfilm

Bärbel Freund über ihren Film "Kontinuum"

     
"Robinson Crusoe" war in der Kindheit mein Lieblingsbuch. Ich habe es immer wieder gelesen. Das war jemand, der aus der Not viele Berufe sich aneignen musste, um zu überleben. Er war Bauer, Tischler, Schneider, Bäcker, Jäger und sogar, als das Gröbste geschafft war, ein Schirmmacher. Später las ich "Bouvard und Pécuchet" von Flaubert. Das waren zwei alte Schreiber, die es sich leisten konnten durch Erbschaft sich auf dem Land zurückzuziehen und modellhaft viele Berufe durchzuprobieren. "Til Ulenspiegel" eilte von Beruf zu Beruf, nahm seine Meister immer zu wörtlich, provozierte den Rauswurf und schiss zum Abschied auf den Tisch.

Als mein kleiner Bruder in der 13. Klasse war, bekam er von der Berufsberatung des Arbeitsamtes ein Buch überreicht: "Beruf aktuell". Darin waren die Berufe alphabetisch geordnet, mit kurzen Erklärungen. Ich habe ihm zum Spaß ein paar daraus vorgelesen. Abfalltechniker, Altenpfleger, Apotheker, wie wär's ? Er wußte nicht, was er werden sollte. Daraus entstand die Idee zu meinem Film. "Kontinuum" ist an einem Tag gedreht worden. Er hat fünf Schnitte, immer dann, wenn eine 120m Filmkassette zu Ende ist. Während der 55 Filmminuten wird es draußen langsam dunkel. Es werden fast 700 Berufe von A–Z (im Off) vorgetragen, und man sieht den jungen Mann, wie er mit "ja", "vielleicht" oder "nein" antwortet und manchmal, wenn er gefragt wird, nähere Auskunft darüber gibt, was er von einem Beruf hält.

 

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