Summary
The film tells the story of Gertrude Bell (1868-1926) who, as historian, novelist and member of the British secret service, played a decisive role around 1920 in setting the course for the new political order in the Middle East. As an educated young woman, for whom no suitable husband can be found in England, she journeys to Tehran. After a tragic love affair with diplomat and inveterate gambler Henry Cadogan, she decides to give up on her private life and discover the region as an explorer. Before the backdrop of the disintegration of the Ottoman Empire she learns languages, translates literature, meets with Muslim dignitaries in Cairo, Basra and Baghdad and earns their trust through her pluck and respect. Predestined to be a mediator between the Orient and the British Empire, she contributes to defining the new borders in the region after the First World War. And then love enters her life once again.
Werner Herzog uses the vast desert landscapes to depict the architecture of his characters' souls. A panoramic epic about the woman who has gone down in history as 'the female Lawrence of Arabia'.
Source: 65. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)
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Doch als erstes macht Gertrude ihrer jungmädchenhaft-schwärmerischen Cousine den attraktiven Botschaftssekretär Henry Cadogan abspenstig, von dem sie sich Teheran und die Umgebung zeigen lässt. Beide erkennen in der gemeinsamen Leidenschaft für die persische Poesie ihre Seelenverwandtschaft – und auf dem Turm des Schweigens fällt der erste Kuss im Angesicht eines riesigen Geiers. Was für eine Inszenierung! Doch Papa Bell hat Wind von der Sache bekommen und Erkundigungen über den windigen und zudem hoch verschuldeten Spieler, der in Kürze sein Schwiegersohn werden soll, eingeholt. Gertrude reist auf die Insel, um ihn umzustimmen – vergeblich. Das Problem löst ein Brief aus Teheran, in dem das Liebespfand, seine Hälfte einer antiken, bei Ausgrabungen gefundenen Münze, steckt: Henry ist angeblich bei einem Unfall ums Leben gekommen, das Geldstück aber beweist, dass er sich das Leben genommen hat.
„Zum ersten Mal weiß ich, wer ich bin. Mein Herz gehört niemandem, nur der Wüste“: Gertrude braucht drei Jahre der Trauer, bis sie wieder arabischen Boden betritt. Nur von ihrem treuen Diener Fattuh begleitet, bricht sie zum Entsetzen des britischen Vizekonsuls in Damaskus, Major Charles Doughty-Wylie, zu den kriegerischen Drusen im Süden Syriens auf – aus der Sicht des britischen Militärs eine Himmelfahrtsexpedition. Wie die zu den britischen Ausgrabungen in Petra. Denn die im Nahen Osten miteinander rivalisierenden Stämme stehen nur formal unter türkischer Herrschaft, in der Wüste führen sie ein völlig autarkes Leben unter Führung ihrer jeweiligen Scheichs. Der in Jabal al-Druze lässt sich von der attraktiven europäischen Blondine verzaubern – und gewährt ihr Schutz.
Zwischen Charles und der ruhelosen, eigenwilligen Gertrude, die von dem mit Judith verheirateten Offizier für ihren Mut bewundert wird, entwickelt sich bald mehr als nur eine tiefe Freundschaft. Nur auf abenteuerlichen Wegen ist hier eine Zustellung kitschiger Liebesbriefe möglich, weshalb Gertrude stattdessen ein Tagebuch für Charles verfasst auf ihren Reisen durch Palästina, Syrien und Arabien. In der antiken Hethiter-Stadt Karkemisch trifft sie auf ein britisches Archäologen-Team, dem auch der junge T. E. Lawrence angehört.
1914. Ihre nächste waghalsige Expedition führt Gertrude am Vorabend des Ersten Weltkriegs durch die zentralarabische Nefud-Wüste nach Ha'il in die „verbotene Stadt“ des kriegerischen Clans der Ibn Raschid, wo sie den Emir treffen will, den selbst ernannten Anführer der Araber. Doch der stellt sich als ein noch halbes Kind (Anas Chrifi) heraus, in Wahrheit zieht dessen Tante Fatima im Hintergrund die Fäden. Wie durch ein Wunder kann sie durch souveränes Auftreten und Überrumpelungstaktik Ha'il wieder verlassen und nach Damaskus zurückkehren.
Wo sich Major Charles für den aktiven Dienst gemeldet hat, nachdem seine Gattin Judith die Scheidung verweigert. Er fällt durchaus mit eigenem Zutun kurz nach Ausbruch des Krieges. Den Gertrude als politische Beraterin im Arab British Bureau in Kairo übersteht, wo sie auch T. E. Lawrence wiedertrifft, der als britischer Verbindungsoffizier den arabischen Aufstand gegen die osmanischen Besatzer vorangetrieben hat. Als die Türken besiegt sind, sollen die arabischen Provinzen des Osmanischen Reiches nach dem Willen der Briten eigenständige Staaten werden. Der mit London verbündete saudische Prinz Faisal (Younes Bouab) wünscht, die berühmte Gertrude Bell persönlich zu treffen. Denn niemand aus dem Westen verstehe die Beduinen so wie sie, die „Khatun“ – die Königin der Wüste. Die eigenhändig die Grenzlinien zwischen den Königreichen der beiden saudischen Brüder zieht…
Für das episch-ausladende Abenteuer- und Liebesdrama hat Peter Zeitlinger wunderbare Landschaftsaufnahmen auf der Insel und in der marokkanischen Wüste gedreht. Zusammen mit Klaus Badelts eingängigem Musik-Mix aus europäischer Klassik und arabischen Arabesken ergibt das kein Porträt der historischen Figur Gertrude Bell (1868 bis 1926), sondern eine weichgespülte Schmonzette, die gern ein Melodrama wie in guten alten Zeiten wäre. Wie David Leans „Lawrence von Arabien“ von 1962 etwa.
Dabei hätte Werner Herzog viel mehr daraus machen können, worauf neben dem Ende auch der kurze Prolog hinweist, der zwölf Jahre später als die Filmhandlung spielt: Mit dem Untergang des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg endete 1918 die türkische Herrschaft im Nahen Osten. Zwei Jahre zuvor hatten Großbritannien und Frankreich bereits in einem Geheimabkommen die Region unter sich aufgeteilt. Die Engländer hatten sich frühzeitig mit dem aufständischen Stamm Ibn Saud verbündet und damit die Grundlage zur Macht des heutigen Saudi-Arabien gelegt. Die Folgen europäischer kolonialer Großmannssucht spüren wir bis heute – das wäre ein zeitgemäßer Stoff geworden. Die Free-TV-Premiere erfolgte am 12. April 2020 auf Servus TV.
Pitt Herrmann