Victim

Slowakei Tschechien Deutschland 2019-2022 Spielfilm

Summary

Ukrainian Irina lives with her 13-year-old son Igor in a small Czech town, where she works as a cleaner and hopes to become a citizen soon. One night, Igor is found with a head injury and can barely speak. Suspicion falls on three Roma boys from the same block. The alleged act of violence unleashes an avalanche of prejudice and xenophobia that mother and son can barely escape. At the same time, Irina receives much support from right-wing populist local politicians and angry citizens, including financial, which brings her closer to her dream of owning a hair salon. As Igor regains his senses and tells his mother that it was only a fall, Irina faces a moral dilemma.

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Wo sind wir denn?“ Der aus der Ukraine kommende Bus wird an der Grenze zu Tschechien aufgehalten. Ein anderer vor ihm hat eine Panne, die Warteschlange scheint endlos, ein Soldat schaut kurz vorbei und spricht mit dem Fahrer. Vier oder fünf Stunden kann es dauern. So viel Zeit hat eine Frau nicht, die ihr Gepäck holt und sich bis ganz nach vorn durchschlägt in der Hoffnung, von einem PKW-Fahrer mitgenommen zu werden.

Es ist Irina Zyrchenkova, eine alleinerziehende Mutter aus der Ukraine, die noch fehlende Papiere für die Einbürgerung in die Tschechische Republik geholt hat, als sie von ihrer Freundin Sweta Kamarátka erfahren hat, dass ihr 13-jähriger Sohn Igor ins Krankenhaus eingeliefert worden ist. Weshalb es Irina besonders eilig hat, in die tschechische Kleinstadt zurückzukehren.

Wo sie in einer hässlichen, heruntergekommenen Plattenbau-Siedlung lebt in prekärer, teilweise asozialer Nachbarschaft, zu der auch viele Roma gehören. Weshalb Igors Schilderung, er sei im Treppenhaus von drei Jugendlichen überfallen und brutal zusammengeschlagen worden, glaubhaft klingt. Für seine Mutter, für den ermittelnden Polizeioffizier Nowotný und seinen Trainer: Igor war bisher Leistungssportler, ein Turn-Ass an den Ringen. Nun musste ihm eine Niere entfernt werden: der Traum vom Profisportler ist vorbei.

Mit ein Grund mehr, bei seiner Version des Tathergangs zu bleiben. Dabei ist Igor gar nicht überfallen worden, wie er seiner Mutter viel zu spät beichtet: er hat seiner Freundin und Turnkameradin Lenka imponieren wollen und ist auf der Treppe balancierend hinuntergestürzt. Inzwischen aber hat Michal Selský, ein Freund des Turntrainers, der ebenfalls aus der Ukraine stammt und nun in Brünn an der Masaryk-Universität studiert, einen Social-Media-Sturm entfacht: Der Tat verdächtigt werden Roma. Und mit dem vorbestraften Marek, Sohn der Nachbarin Suseda, ist der erste bereits verhaftet worden: Seine DNA wurde am Tatort gefunden.

Irina, die als Putzfrau und Übersetzerin in der Massenunterkunft für Flüchtlinge und Asylanten der ausbeuterischen Marta Veduca jobbt, hat gerade ihren zweiten Einbürgerungsantrag laufen. Zudem will sie mit ihrer auf „Zigeuner“ nicht gut zu sprechenden Freundin Sweta einen Friseursalon eröffnen – da kann sie jetzt unmöglich mit der Wahrheit herausrücken. Auch wenn es ihr gar nicht passt, dass sich offenbar auch Neonazis an der Kundgebung Michal Selskýs mit anschließendem Marsch zur Roma-Siedlung beteiligen wollen.

Die Bürgermeisterin der Kleinstadt, Zusana Jandova, ist nicht an einer Auseinandersetzung zwischen Extremisten und Roma, die rasch in Gewalt umschlagen könnte, interessiert. Sie offeriert Irina nicht nur eine frisch renovierte (Plattenbau-) Wohnung mit Balkon in einem bürgerlichen Wohnviertel, sondern auch noch 50.000 Kronen als Starthilfe – und nicht zuletzt ein Empfehlungsschreiben für die Einbürgerung. Nun kann Irina nicht mehr zurück, was Michal Selský für seine Propaganda zu nutzen weiß…

In seinem Spielfilmdebüt „Obeť“ zeichnet Michal Blaško das Bild einer fürsorglichen Mutter, die versucht, sich in einem für sie fremden Land ein neues Leben aufzubauen. Irina wird mit Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Vorurteilen konfrontiert, zeigt sich etwa gegenüber Landsleuten in der Unterkunft Marta Veducas empathisch und hilfsbereit. Hat sich aber, wenn auch ungewollt, von Michal Selský publicityträchtig instrumentalisieren lassen, sodass es für sie kein Zurück zur Wahrheit geben kann.

In seinem auf realen Ereignissen basierenden, mehrfach ausgezeichneten Spielfilm „Victim“ offenbart Michal Blaško in einer leider universellen Geschichte, wie schnell Fake News und politische Propaganda selbst in demokratische Gesellschaften wirken. „Die Straße darf nicht zum Schlachtfeld werden“ appelliert die Bürgermeisterin auf der Kundgebung, weshalb sie den Marsch zur Siedlung untersagt hat. Am Ende intoniert Irina bei der Einbürgerungsfeier im Rathaus die tschechische Nationalhymne: „Wo ist meine Heimat? Wo ist mein Vaterland?“

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
91 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 01.03.2023, 239640, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (IT): 06.09.2022, Venedig, IFF;
Erstaufführung (DE): Oktober 2022, Hamburg, Filmfest;
Kinostart (DE): 06.04.2023

Titles

  • Originaltitel (DE) Victim
  • Originaltitel (SK) Obeť

Versions

Original

Duration:
91 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 01.03.2023, 239640, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (IT): 06.09.2022, Venedig, IFF;
Erstaufführung (DE): Oktober 2022, Hamburg, Filmfest;
Kinostart (DE): 06.04.2023

Awards

World Film Festival of Bangkok 2022
  • Preis für das beste Drehbuch
Filmfest Hamburg 2022
  • Hamburger Produzentenpreis, Internationale Kino-Koproduktionen
Bosphorus Film Festival 2022
  • Fedeora Preis
  • Jury Special Prize
Cairo IFF 2022
  • Lobende Erwähnung