Karla

DDR 1965/1966 Spielfilm

Summary

Carla

Newly-minted teacher Karla stands before her first class of students filled with vigour, idealism and, yes, the requisite measure of naiveté. She doesn’t want to teach a curriculum, she wants to teach the skill of learning; to train her students to be honest, thoughtful, critical people. She soon notices how warped and opportunistic her secondary pupils are. Karla rouses them, challenges them, pulls them out of their shell. And she does it successfully. Although the teachers’ collective regards her with suspicion, she enjoys the support of school director Ali Hirte. Her new beau, Kaspar, has been burned once and is sceptical of her zeal. It looks like he might turn out to be right; over time, Karla becomes domesticated. But she is not the sort to be written off quite so easily …

In 1963, the Politburo released a communiqué liberalising youth policies and "Karla" takes that seriously. But by the time shooting of the film had wrapped, things had already shifted. Even before the 11th plenum of the Central Committee, the director of DEFA studios suggested delaying the looping work. A long period of edits and truncations to the work ensued before the film was finally banned in 1966.

About the censored version:

In early December 1965, even before the Central Committee’s 11th plenum, there were signs of problems with "Karla". Planned looping sessions were delayed and, as soon as the plenum ended, plans were laid to change the film. The character of the young teacher Karla, who demanded unswerving honesty both from herself and from others, had to be tamed; she had to recognise her mistakes and toe the line. There were discussions about edits, re-shoots and changes to the dialogue. Some of the suggested changes survive in a censored version. It started with the loss of Karla’s dynamic first appearance, an improvised speech about how she views the teaching profession. School director Ali Hirte, a fatherly friend who is more sympathetic to Karla’s escapades than befits his office, becomes an aloof authority figure. Karla’s love of Kaspar, a person whose attitude towards society is unclear, was not to be allowed to end well …

The censored version is fragmentary, with breaks and a lack of context in the plot. The film was never completed at the time. It was not until 1990 that it could be reconstructed in its original version and screened.

Source: 66. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Auditorium Maximum der Berliner Humboldt-Universität. Die „pädagogische Jugend“ wird in den Lehrerberuf entlassen, die meisten der jungen Leute gehen in die Provinz. Die zierliche, aber vor Temperament sprühende Karla Blum (Zschoches Gattin als „Heilige Johanna“: eine grandiose Jutta Hoffmann), die von ihren Kommilitonen gedrängt wird, in ihrem Namen ein paar Worte von der Bühne aus zu sagen, versteckt sich keineswegs hinter dem für sie viel zu großen Rednerpult oder gar hinter einem Stapel Zettel mit sorgsam gewählten Worten. Frei und selbstbewusst spricht sie davon, dass Lehrer das Lernen lehren sollen und, da das Wissen sich so rasch vermehrt, auch das eigene Lernen während der Berufsausübung nicht vernachlässigen dürfen: Der Lehrer soll helfen, das Leben leichter, anmutiger und schöner werden zu lassen. Karla tritt ihre Stelle in einer Kleinstadt im Norden an. Liegt der Bahnhof noch in der idyllischen Altstadt, muss sie zur Theodor-Fontane-Oberschule über Sandberge und Baumaterialien stolpern: ihre erste Arbeitsstätte liegt mitten in einem gerade errichteten und längst noch nicht fertigen Neubaugebiet. Da noch Ferien sind, trifft sie im Gebäude niemanden an und wird hinaus aus der Stadt zu einem Jugendlager geschickt. Doch am See sind die Zelte längst abgebrochen, weshalb sie zunächst in der Fischerhütte eines kaum älteren jungen Mannes unterkommt, der Kaspar Stein heißt und nicht zufällig den gleichen Vornamen trägt wie die bis heute rätselhafte Figur des etwa 16-jährigen Hauser, der am 26. Mai 1828 in Nürnberg auftauchte, nur dass dieser hier weder geistig zurückgeblieben noch sonderlich verschlossen wirkt.

Aber ganz offenbar ein gesellschaftlicher Außenseiter ist, der mit der Bürokratie des Arbeiter- und Bauernstaates auf Kriegsfuß lebt: Kaspar findet nichts dabei, der Fischereigenossenschaft ein paar Aale für den Eigenbedarf aus den Reusen zu holen. Er arbeitet vornehmlich nachts in einem Sägewerk, weshalb er in den Augen der aus offenkundiger eigener Zuneigung misstrauischen Karla zunächst als Bummler gilt, der in den Tag hineinlebt ohne sich viel Gedanken um eine bürgerliche Zukunft zu machen in Analogie zur späteren Plenzdorfschen Figur des Edgar Wibeau in seinem 1972 uraufgeführten Bühnenstück „Die neuen Leiden des jungen W.“. Dabei hat Kaspar studiert und zunächst als Journalist gearbeitet, bevor er politischen Ärger bekam beim Thema der Verbrechen Stalins. Ihren ersten Schultag hat sich Karla anders vorgestellt, wird sie doch Zeugin einer Kontroverse zwischen ihrem Chef, Schuldirektor Alfred „Ali“ Hirte, und der Kreisschulrätin Janson: Bei der Besetzung ihrer Planstelle fühlt sich die treue Partei-Funktionärin vom Genossen übergangen. Doch der lässt, gerade was die Partei betrifft, deren Abzeichen selbstverständlich auch am Revers seiner Jacke steckt, Fünfe auch 'mal gerade sein. Und freut sich über die blutjunge Kollegin, die abends im Ort vom Apothekersohn Rudi Schimmelpfennig für eine neue Mitschülerin gehalten und sogleich mit brühwarmen Interna versorgt wird.

Als sie am anderen Morgen von ihrer Klasse, es ist ausgerechnet eine Zwölfte und damit ein harter Brocken für den Einstieg als Lehrerin für Deutsch und Geschichte, lauthals mit „Freundschaft!“ begrüßt wird, hat der Vorfall längst die Runde gemacht. Sodass Karla, und zwar mit großem Geschick, allerhand Versuche, sie aus dem Konzept zu bringen, kontern muss. Ihr thematischer Einstieg ist der Namenspatron der Schule – und schon tritt Karla in das erste ideologische Fettnäpfchen. Denn dass Theodor Fontane einst ein Deutschnationaler gewesen ist, verschweigt sie ebensowenig wie ihr Problem mit der Parteilinie, den Dichter heute als Helden der Arbeiterklasse hinzustellen. Dabei trifft Karla auf erstaunte Gesichter und offene Ohren einer Schülerschaft, die bisher gewohnt war, den SED-Ideologen hübsch nach dem Mund zu reden – und sich selbstredend freiwillig dazu verpflichtet hat, keine Westsender zu hören. Als ein Foto unter den Schülern kursiert, das Direktor Hirte in Nazi-Uniform zeigt, kommen selbst Karla Zweifel an der Integrität ihres Chefs. Ein auf das Lehrerpult gemaltes Hakenkreuz bringt den Hausmeister in Rage und lässt die Kreisschulrätin Janson nicht ruhen: sie will Karla zwangsversetzen lassen. Ein Pädagogischer Rat wird einberufen, in dem sich Alfred Hirte, das Foto entstammt einer Brecht-Theateraufführung von 1948, gegen das Kollegium durchsetzen kann: „Soll bleiben – und ihre Suppe gefälligst selbst auslöffeln.“

Ein halbes Jahr später erhält Karla sogar eine Auszeichnung im Rahmen eines Festaktes zum 50-Jahr-Jubiläum der Oberschule: Sie habe sich, strahlt Kreisschulrätin Janson mit einem süffisanten Lächeln, dem Lehrerkollektiv eingefügt und mit fester eigener Haltung einen disziplinierten Unterricht ermöglicht. „Ich bin eine ausgezeichnete Leiche“: die Prämie der „Pädagogischen Front“ versäuft Karla sogleich mit ihrem Chef Hirte in der Schulkantine. „Ich bin an der Vorsicht gestorben“: Künftig will sie wieder so aufmüpfig sein wie in der Anfangszeit. Als es um das Aufsatzthema „Was mir die Schule gegeben hat“ geht, schneit eine hohe Delegation aus Berlin in den Unterricht. Und Rudi, der eine glatte Fünf kassiert hat so kurz vor dem Abitur, erhält ausgiebig Gelegenheit, einmal Klartext zu sprechen ohne all' die vorformulierten Floskeln. Lange Gesichter bei den Genossen vor Ort, blankes Entsetzen bei der Kreisschulrätin, aber aufmunternde Worte vom Obergenossen aus der Hauptstadt: mitdenkende, kritikfähige junge Leute brauche die DDR! Als Rudis Eltern übers Wochenende ausgeflogen sind, herrscht bei den Schimmelpfennigs sturmfreie Bude: Twist ist angesagt, der hotte Modetanz des westlichen Klassenfeindes. Und Karla mittendrin. Leider auch nachts im Mercedes des Apothekers, den Rudi an den Ostseestrand steuert. Barbara, eine eifersüchtige Klassenkameradin, lässt die Bombe platzen – und nun muss auch der gute Hirte von Schuldirektor seine schützende Hand zurückziehen. Da jeder Spekulation nun Tür und Tor geöffnet ist, wird Karla weiter gen Norden versetzt – und Frau Janson ist endlich den Querkopp los. Von Rudi an die Bahn gebracht hat Karla kaum noch Hoffnung, dass Kaspar mit ihr an die See zieht...

„Karla“ ist 1965 fertiggestellt. Jutta Hoffmann im Gespräch mit Steffi Hoffmeister in: „Für Dich“, Illustrierte Frauenzeitschrift der DDR, Nr. 46/2. November 1965: „Ich glaube, ich spiele diese Karla, weil sie ein Mensch mit eigener Meinung ist. Karla besitzt Ideale, die sie nicht aufgeben will. Was sie für richtig erkannt hat, dafür tritt sie vorbehaltlos ein. Als es für sie an der Schule schwierig wird, entscheidet sich Karla trotzdem für den schwierigen Weg. Nur einmal versucht sie, sich ‚anzupassen’ [...]. Sie wird gelobt – und ist unglücklich. Ihre letzte Entscheidung gehört wieder dem Richtigerkannten, dem Komplizierten ... [...] Ich glaube, dass Menschen oft bereit sein können, ihre Ideale aufzugeben oder sogar ein Stück eigener Individualität, wenn es Schwierigkeiten für sie gibt. Unsere sozialistische Gesellschaft braucht aber Menschen, die eigenständig denken. Nur sie können schöpferisch arbeiten. Karla versucht, solch ein Mensch zu sein.“

Von der Zensur zunächst verstümmelt ist „Karla“ 1966 ganz verboten worden. Die Vorwürfe: Pessimismus, Skeptizismus, Geschichtsverfälschung. Vor allem: Keine Parteilichkeit erkennbar, klare Abweichung vom verordneten Stil des Sozialistischen Realismus. Vom damaligen Kameramann Günter Ost 25 Jahre später wieder rekonstruiert wurde der nun 128-minütige Film im Februar 1990 mit weiteren „Regalfilmen“ im Forum der erstmals in beiden Teilen der Stadt abgehaltenen 40. Berlinale erstmals präsentiert („lobende Erwähnung“ des Kritikerpreises Fipresci sowie der evang. Interfilm). Die offizielle Uraufführung fand am 14. Juni 1990 im (Ost-) Berliner International statt und selbst das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ kam neun (!) Tage später nicht umhin, „Karla bleibt sich treu trotz bitterer Erlebnisse“ zu titeln. Der Filmtext Ulrich Plenzdorfs war dagegen bereits 1978 im Ost-Berliner Henschelverlag erschienen („Karla. Der alte Mann, das Pferd, die Straße“). Für die TV-Erstausstrahlung sorgte der Hessische Rundfunk am 14. November 1990.

Pitt Herrmann

Credits

Screenplay

Director of photography

Editing

Music

Cast

All Credits

Assistant director

Screenplay

Scenario

Director of photography

Production design

Set construction

Prop master

Costume design

Editing

Audio mixing

Music

Cast

Unit production manager

Location manager

Original distributor

Duration:
3355 m, 134 min
Format:
35mm, 1:2,35
Video/Audio:
s/w, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 14.06.1990, Berlin, International

Titles

  • Originaltitel (DD) Karla
  • Weiterer Titel (DD) Wer zuletzt lächelt
  • Originaltitel (DD) Karla (Zensurfassung)

Versions

Original

Duration:
3355 m, 134 min
Format:
35mm, 1:2,35
Video/Audio:
s/w, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 14.06.1990, Berlin, International

Kurzfassung

Weiterer Titel (DE)
  • Originaltitel (DD)
  • Karla (Zensurfassung)
Duration:
102 min
Video/Audio:
s/w, Ton
Screening:

Aufführung (DE): 13.02.2016, Berlin, IFF - Retrospektive