Ich war, ich bin, ich werde sein

DDR 1974 Dokumentarfilm

Comments

You have seen this movie? We are looking forward to your comment!

Heinz17herne
Heinz17herne
Am 11. September 1973 putscht das chilenische Militär mit Unterstützung der USA gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende. Der General Augusto Pinochet, ein glühender Antikommunist, führt die bis 1990 andauernde Militärdiktatur, die weltweit als eines der blutigsten Junta-Regime gilt, an. „Der Mann ist wie ein Gespenst“ lässt sich Gerhard Scheumann aus dem Off vernehmen zu Archivbildern des Mitte der 1970er Jahre selbständigen Ost-Berliner Studios H & S, das später wieder von der Defa „eingefangen“ wurde. Er spricht alle Kommentartexte, während Wolfgang Heinz ein Brecht-Gedicht rezitiert.

Walter Heynowski und Gerhard Scheumann hatten bereits im Frühjahr 1973 zusammen mit Kameramann Peter Hellmich Chile besucht. Ein Jahr später stellte ihnen die Junta überraschend eine Dreherlaubnis für zwei Konzentrationslager im Norden des Landes aus mit dem Vermerk „ohne Besuch der Häftlinge“ auf der Rückseite. Weil General Lagos in Antofagasta nur die Vorderseite zur Kenntnis genommen hat, dürfen die stets von Soldaten eskortierten Dokumentaristen aus der DDR in Chacabuco und Pisagua Lagerinsassen, zumeist politische Gefangene, vor laufender Kamera befragen, ohne sich als Genossen zu erkennen zu geben.

In der Atacama-Wüste, der trockensten Wüste der Erde außerhalb der Polargebiete, liegt ein Konzentrationslager für über 1000 Häftlinge, zumeist Kommunisten, Sozialisten und der politischen Linken nahestehende Gewerkschafter. Ohne Anklage und dementsprechend ohne Prozess verharren sie ohne eigenen Rechtsbeistand seit Monaten in Chacabuco, erleben täglich Folterungen und Erschießungen. Die Gebäude gehörten zur einst größten Salpetermine Chiles, auch einige der Unidad Popular nahestehende Arbeiter der Mine, die nun zu den Häftlingen gehören, geben Auskunft über die Geschichte der Arbeiterpartei seit den 1920er Jahren und die nach wie vor grassierende Kinderarbeit.

„Das Blut der Ermordeten“, so der Kommentar aus dem Off, „wird über ihre Mörder kommen“: Oberst Espinosa berichtet nicht ohne Stolz von einem weiteren Internierungslager der Junta mit zeitweise 40.000 Gefangenen, dem Estado Nacional de Chile in der Hauptstadt Santiago. Zeitzeugen berichten auch über menschenunwürdige Zustände in Pisagua, wo die Gefangenen einem militärischen Drill unterzogen werden: Den „Kriegsgefangenen“ soll „Kadavergehorsam“ eingeprügelt werden. Zudem rekurrieren sie auf den „Verräter-Präsidenten“ Gonzales Videla, der 1946 mit Hilfe der Kommunisten ins Amt gewählt wurde und sich dann dem US-Kapitalismus andiente bis zum Ende seiner Amtszeit 1952.

Die 80-minütige Dokumentation für das Fernsehen der DDR ist mit einem geflügelten Wort Rosa Luxemburgs betitelt: „Ich war, ich bin, ich werde sein.“ Die sehr schematische Befragung „unserer Freunde, unserer Genossen“, so Gerhard Scheumann aus dem Off, dient vor allem der Authentizität: Was sie in kargen Worten ausdrücken, erzeugt auch im Kino eine beklemmende Atmosphäre von Gewalt, Willkür, Isolation und demütigender Ungewissheit.

1974 gab es drei Auszeichnungen: Silberner Sesterz des Int. Dokumentarfilmfestival Nyon, Sonderpreis der Jury bei der 17. Int. Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Kino und Fernsehen sowie Preis der Jury des Int. Dokumentarfilmfestival Grenoble.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
2188 m, 80 min
Format:
35mm, 1:1.33
Video/Audio:
s/w
Screening:

Uraufführung (DD): 11.09.1974, DDR-TV;
Kinostart (DD): 28.01.1975;
Aufführung (DE): 08.05.1975, Oberhausen, IFF [Filmothek der Jugend]

Titles

  • Originaltitel (DD) Ich war, ich bin, ich werde sein

Versions

Original

Duration:
2188 m, 80 min
Format:
35mm, 1:1.33
Video/Audio:
s/w
Screening:

Uraufführung (DD): 11.09.1974, DDR-TV;
Kinostart (DD): 28.01.1975;
Aufführung (DE): 08.05.1975, Oberhausen, IFF [Filmothek der Jugend]

Awards

Leipziger Kurz- und Dokumentarfilmwoche 1974
  • Sonderpreis der Jury