Herr Zwilling und Frau Zuckermann

Deutschland 1998/1999 Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein Dokumentarfilm sorgte bei der Berlinale 1999 im Forum-Wettbewerb für Furore, obwohl es sich bei ihm um alles andere als eine aufwendige Kinoproduktion wie etwa Wim Wenders’ „Buena Vista Social Club“ handelt: „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“ ist ein genuiner Fernsehfilm mit der dem Medium TV eigenen Ästhetik, und die offenbart auf der großen Kinoleinwand naturgemäß erhebliche Schwächen. Dennoch waren alle begeistert – und betroffen. Volker Koepps Film wurde völlig zu Recht für den Deutschen Filmpreis nominiert: Zusammen mit seinem Kameramann Thomas Plenert geht Koepp ganz behutsam zu Werke, enthält sich jeden Kommentars. „Herr Zwilling und Frau Zuckermann“ ist das anrührende, aber nicht übermäßig sentimentale Porträt der letzten lebenden Czernowitzer Jüdin Rosa Roth-Zuckermann und ihres häufigen abendlichen Gastes Mathias Zwilling. Letzterer führt das kleine Vineta-Team auch durch die Stadt, die heute im Westen der Ukraine liegt und früher zu kakanischen Zeiten ein Zentrum der jüdischen Kultur in der Bukowina war.

Paul Celan, Rose Ausländer, auch der aus Brody stammende Joseph Roth werden heute mit dieser Region in Verbindung gebracht, die unter der Herrschaft des österreichischen Kaisers Franz Josef durch ihr Vielvölkergemisch geprägt war. Die Amts- und Kultursprache war deutsch, aber hier lebten mehr oder minder friedlich Ruthenen, Rumänen, Russen, Ukrainer, Ungarn, Deutsche und Juden mit- oder zumindest nebeneinander. Heute sind nur noch, im architektonischen Sinne, Rudimente zu besichtigen, umso wichtiger ist es, die letzten noch lebenden Zeitzeugen zu befragen.

Dabei geht es nicht um bloße Nostalgie, sondern um die fatalen Auswirkungen der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Und um die Lebensbedingungen der noch übrig gebliebenen „Altösterreicher“ im Armenhaus Ukraine. Rosa Roth-Zuckermann kann von ihrer kleine Rente ebenso wenig leben wie Mathias Zuckermann von der seinen. Sie unterrichtet Kinder begüterter Eltern in der englischen und der deutschen Sprache, er gibt, obwohl ebenfalls hochbetagt, naturwissenschaftlichen Unterricht in einem Polytechnikum. Beide verbindet neben ihrer Freundschaft auch das Wissen um die Vergangenheit – und nicht zuletzt die deutsche Sprache. Täglich besucht Herr Zwilling („Der Pessimist“) in den Abendstunden die 90-jährige Frau Zuckermann (“Die Optimistin“ – als seien es zwei Figuren aus „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus).

Volker Koepp und sein Kameramann Thomas Plenert sind Zaungäste dieser Begegnungen und Gespräche, so als gehörten sie zur Familie. Sie fallen nicht weiter auf, und das ist vielleicht der nachhaltigste Eindruck des Films: Er kommt praktisch ohne äußere Einwirkungen und Einflussnahmen aus. Das Team ist quasi unsichtbar, nur wenn es sich auf Spurensuche in der Stadt bewegt, auf dem Marktplatz, bei einer Feier, in einer Kneipe mit Lebensmittelverkauf, dann merkt man an den Reaktionen der anderen Bewohner, dass etwas außergewöhnliches passiert, dass ein Filmteam aus dem fernen Deutschland hier am Ende der zivilisierten Welt dreht.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Shoot

    • März 1998 - September 1998: Czernowitz und Umgebung (West-Ukraine)
Duration:
3606 m, 132 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 21.04.1999, 81948, ohne Altersbeschränkung/feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (DE): 16.02.1999, Berlin, IFF - Internationales Forum des Jungen Films;
Kinostart (DE): 03.06.1999;
TV-Erstsendung (DE): 08.11.2000, MDR

Titles

  • Arbeitstitel Schöne Erde Mutterland
  • Originaltitel (DE) Herr Zwilling und Frau Zuckermann
  • Titelübersetzung (ENG) Mr. Zwilling and Mrs. Zuckermann
  • Originaltitel (DE) Herr Zwilling und Frau Zuckermann (Restaurierte Fassung 2019)

Versions

Original

Duration:
3606 m, 132 min
Format:
35mm, 1:1,66
Video/Audio:
Farbe, Ton
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 21.04.1999, 81948, ohne Altersbeschränkung/feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (DE): 16.02.1999, Berlin, IFF - Internationales Forum des Jungen Films;
Kinostart (DE): 03.06.1999;
TV-Erstsendung (DE): 08.11.2000, MDR

Formatfassung

Weiterer Titel (DE)
  • Originaltitel (DE)
  • Herr Zwilling und Frau Zuckermann (Restaurierte Fassung 2019)
Duration:
132 min
Format:
DCP
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

Kinostart (DE): 30.05.2019

Awards

2000
  • Artur-Brauner-Stiftungspreis
Jury der evangelischen Filmarbeit 1999
  • Film des Monats Juli
FBW 1999
  • Prädikat: Wertvoll
IFF Nyon 1999
  • Großer Preis