o.k.

BR Deutschland 1970 Spielfilm

o.k.


Günther Pflaum, film-dienst, Nr.29, 28.07.1970

Kein Preis hätte je den Marktwert dieses Films so erhöhen können wie der seinetwegen erfolgte Abbruch des Berlinale-Wettbewerbs, denn so entstand der grundlegende Irrtum, es müßte sich um ein politisch äußerst unbequemes, gewichtiges und kritisches Werk handeln. Nicht an der Stärke dieses Films, sondern an eigener Schwäche ist das Festival gestorben. Niemand hat man damit einen Gefallen erwiesen als den Herstellern dieses Films und der pseudolinken, pseudokritischen Boulevard-Presse, die ihn nun hochspielt, um sich am eigenen "Engagement" zu entzücken. "o.k." sei, so hieß es, ein Film über den Krieg in Vietnam; Verhoeven ließ eine authentische Geschichte in bayrischen Wäldern nachspielen, mit amerikanischen Uniformen, authentischen Namen und breit ausgespieltem bayrischen Kolorit. Während der Waffenruhe Ostern 1966 vergewaltigen und ermorden amerikanische Soldaten ein vietnamesisches Mädchen; die Meldung darüber wird zunächst unterschlagen, die bei einem später stattfindenden Prozeß gefällten Urteile werden mehrmals abgemildert. Der Wert einer solchen Nachinszenierung hängt zum einen davon ab, wie weit der Stoff Modell-Charakter aufweist und Einblicke in die Struktur des (Vietnam-) Krieges ermöglicht, zum anderen wird er vom Intensitäts- und Wahrheitsgrad der Inszenierung bestimmt.

Bereits die Story provoziert aber ebenso falsche wie fatale Schlußfolgerungen. Erstens: Man kann sich auf die Ausrede zurückziehen, daß in anderen Kriegen und von anderen Soldaten auch Verbrechen verübt wurden, man kann dem Film Einseitigkeit vorwerfen und darüber vergessen, daß das Erzählen einer Geschichte nicht den Bericht anderer Geschichten erfordert. So ist eben der Krieg, wird man sagen, und sich allenfalls über die milden Strafen erregen anstatt sich über den Vietnam-Konflikt bewußter zu werden, zumal dieser Krieg im Film auf keine Weise spezifiziert wird (es werden höchstens Namen genannt). Zweitens: Noch fataler ist ein weiterer Schluß, den dieser Film nahelegt. Er zeigt, wie das Verbrechen aus der individuellen Situation der Charaktere entsteht, aus dem stumpfsinnigen Warten auf das Ende der Waffenruhe. Heißt das nicht: Hätten diese Soldaten "anständig" zu kämpfen gehabt, so wäre das nicht passiert? Klischeehaft kontrastiert dazu erscheint der Soldat Eriksson, der sich gegen das Verbrechen sträubt und es anzeigt: Er ist schöner und gepflegter als die anderen, verbringt auch die Zeit nicht mit Watten (einem urbayrischen Kartenspiel) wie die anderen, sondern erbaut sich still und sinnvoll an der Lektüre eines dtv-Bändchens. Er hat Kultur, er ist der bessere Mensch – so einfach ist das also! Solche Selbstgefälligkeit prägt den ganzen Film, angefangen von einem völlig unberechtigt als Motto vorausgestellten Karl-Kraus-Zitat (der ja auch gesagt hat: "Je größer der Stiefel, desto höher der Absatz!"), weitergeführt mit einem Verfremdungsversuch in Brechtscher Manier (die Darsteller stellen sich vor), der nur selbstzweckhafter Effekt und für das Folgende ohne Bedeutung bleibt, da die Schauspieler später weder aus ihren Rollen treten noch über sie reflektieren.

So banal wie der Inhalt ist der Film auch gemacht. Der größte Teil erweist sich als reine Militärklamotte, man streitet, raucht, witzelt, ein Blindgänger explodiert, ein Bart wird gewaltsam entfernt, ein meckerndes bayrisches Urvieh sorgt für dankbares Gelächter. Die Kamera, an Italo-Western orientiert, steht nicht sonderlich interessiert dabei, fängt hin und wieder völlig unmotiviert zu kreisen an, um dann plötzlich in irgendeiner Großaufnahme stehenzubleiben; lediglich bei der Vergewaltigungsszene spielt sie sensationshungrig mit. Der Dialekt des Dialogs soll Verfremdung bewirken, die jedoch funktionslos bleibt und nicht, wie bei Brecht, Distanz und Kritik des Zuschauers bewirkt, sondern für Nicht-Bayern schlechthin unverständlich sein dürfte. Irgendeine der Personen verlangt am Ende, man müsse "das System" ändern; deplazierter hat in einem Film wohl selten die "Moral" gewirkt. Es ist das gedankenlose Nachreden einer geräumigen, hinten und vorne offenen Parole, in die schließlich der ganze Film gepackt wird.

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