Der Mörder Dimitri Karamasoff
Mörder Dimitri Karamasoff
Kinematograph, Nr. 32, 7.2.1931
(...) Ein gespenstig phantastisches Trauerspiel. Ein Film der geheimnisvollen Gewalten. Ein Stoff, über dem etwas Übersinnliches liegt. Der Kampf der Leidenschaften, des unbewußt Schlummernden. Ein Roman, der eben nur im alten Rußland spielen und geschehen konnte.
Glückliche Idee, die Regie dieses Films Fedor Ozep anzuvertrauen. Hier riefen Stoff und Milieu nach einem Gestalter aus der Moskauer Schule. Aber nicht nach einem Phantasten, dem der theoretische Lehrsatz alles bedeutet, sondern nach einem feinfühlenden Praktiker, der dem Drehbuch gibt, was das Drehbuch ist, der dem Publikum die Dinge so serviert, daß es sie versteht und von ihnen gefangen wird. (...)
Kein einfacher Stoff. Besonders schwierig, weil es sich immer wieder um psychologische Dinge dreht, die durch Handlung sinnfällig gemacht werden müssen. Reizvoll allerdings, weil es interessante Figuren sind, die der Dichter an seinen Schicksalsdrähten zieht. Rollen, die jeden großen, begabten Schauspieler reizen.
Ozep nahm als männlichen Hauptdarsteller Fritz Kortner. Man stellt erfreut fest, daß er den begabten Darsteller wieder fest an der Hand hat.
Er läßt ihn ab und zu etwas zu laut reden. Aber diese paar Momente werden vergessen unter dem Eindruck einer starken, feindurchdachten und bis zum letzten durchgearbeiteten Gesamtleistung.
Seine Partnerin, die leichtsinnige Gruschenka, übernahm Anna Sten. Bewährte Darstellerin in den Russenfilmen. Hier deutlich zeigend, daß sie sich in die deutsche Sprache und auch in die deutsche Spieltechnik blendend eingearbeitet hat.
Gut Fritz Rasp als dienender Bösewicht. Anständig der Iwan Karamasoff des Bernhard Minetti. (...)
Interessant von Anfang bis Ende die Musik, die Dr. Karol Rathaus schrieb. An der einen oder anderen Stelle für das Durchschnittskino vielleicht etwas zu atonal. Zum größten Teil aber, da wo russische Volksweisen verwertet werden, interessant, einschmeichelnd, illustrativ wirkend, so daß auch hier Lob die kleinen Ausstellungen überwiegt.
Es gab im Capitol starken nachhaltigen Beifall. Die Darsteller mit ihrem Regisseur konnten auf der Bühne die Dankesbezeugungen des enthusiasmierten Publikums entgegennehmen, das sich am Schluß langsam von der Spannung erholte, die dieser Stoff zwischen Hell und Dunkel auch draußen bei jedem Besucher erzeugen wird.