Der Leinwand-Lyriker Ralph Turnheim und das Wanderkino von Tobias Rank werden mit dem Deutschen Stummfilmpreis 2023 für besondere Verdienste um die Stummfilmkultur ausgezeichnet.
Der Deutsche Stummfilmpreis ehrt Persönlichkeiten und Institutionen, die sich um die Präsentation, Förderung, Erforschung oder Bewahrung des frühen Films verdient gemacht haben. In diesem Jahr werden zwei Stummfilm-Liveformate ausgezeichnet, die für eine so außergewöhnliche wie lebendige und publikumsnahe Stummfilmkultur stehen.
Zum einen wird das Wanderkino von Tobias Rank (Leipzig) mit dem Deutschen Stummfilmpreis geehrt, ein mobiles Kino, das Stummfilme in Open-air-Atmosphäre und mit hochwertiger Livemusik präsentiert. Es steht mit seinen ausgedehnten deutschlandweiten und internationalen Touren in der Tradition der historischen Wanderkinos des 20. Jahrhunderts. Das Kinoequipment ist in einem auffälligen roten Oldtimer-Feuerwehrauto untergebracht, das gleichzeitig auch als dekorativer Hintergrund für die Kinoleinwand dient. Das mobile Kino präsentiert Stummfilme unterschiedlicher Genres: von der Komödie über den Monumentalfilm bis zum Experimentalstreifen. Alle Filme werden live musikalisch in unterschiedlicher Instrumentalbesetzung begleitet. Die professionellen Musiker*innen interpretieren die Filme dabei immer wieder neu und so wird jede Veranstaltung zu einem besonderen Seh- und Hörerlebnis. Die Filmprojektion erfolgt mit historischer 16mm-Filmtechnik. Das Wanderkino aus Leipzig ist seit 1999 unterwegs. Neben alljährlichen Reisen durch ganz Deutschland folgte das Wanderkino bereits Einladungen unter anderem nach Frankreich, Slowenien, Polen, Litauen, Weißrussland, Tschechien, Serbien, Rumänien, Moldawien, Spanien, Portugal, Senegal, Schweden, Dänemark, Thailand, Myanmar, Italien, Österreich, Slowakei und Schweiz.
Zum anderen wird der Leinwand-Lyriker Ralph Turnheim (Wiesbaden) mit dem Deutschen Stummfilmpreis ausgezeichnet. Der im deutschen Sprachraum einzigartige professionelle Stummfilmerzähler vertont live vor Publikum stumme Filme. Mit Wiener Charme reimt der ausgebildete Schauspieler und Wahl-Wiesbadener zu den Bildern auf der Leinwand seine witzigen, durchaus auch mal schwarzhumorigen Texte. Seine gekonnten Wortspiele nehmen die Handlung auf und entlarven immer wieder Handlungsklischees. Dabei spielt Ralph Turnheim alle Rollen, egal ob es der lianenschwingende Dschungelheld Tarzan, das gruselige Monster von Frankenstein oder der heldenhafte Schwarze Pirat ist. Und Ralph Turnheim macht auch hier und da die Geräusche zum Gezeigten, so imitiert er mal Hufgetrappel, mal quietschende Bremsen. Bei ausgewählten Veranstaltungen erhält Ralph Turnheim auch musikalische Unterstützung. Dann werden seine Worte live untermalt von renommierten Musiker*innen, dem österreichischen Stummfilmmusiker Gerhard Gruber oder der Violinistin Jenny Lippl. Neben dem Liveprogramm veröffentlicht Leinwand-Lyrik auch Teile seines Repertoires für das Heimkino. Leinwand-Lyrik ist ein außergewöhnliches Crossover von Kleinkunst und stummen Film.
Was die beiden Preisträger verbindet: Das Wanderkino von Tobias Rank und die Leinwand-Lyrik von Ralph Turnheim ermöglichen mit ihren unkonventionellen Veranstaltungen einen frischen Blick auf das frühe Kino. Sie erreichen mit ihren einzigartigen Veranstaltungen jährlich tausende Menschen, in Städten und auf dem Land, in Konzerthäusern und Kinos. Ihre Veranstaltungen ziehen nicht nur in Deutschland, sondern auch international ihr Publikum in den Bann. Neben dem unterhaltenden Charakter der Veranstaltungen sind beide Formate damit auch Botschafter für die Präsentation und Bewahrung des frühen Filmerbes. Sie bringen die Stummfilmkultur zu den Menschen und begeistern so nicht nur Kenner*innen der Filmgeschichte, sondern erweitern den Kreis der Interessierten, egal ob jung oder alt.
Über den Deutschen Stummfilmpreis
Der Deutsche Stummfilmpreis wird seit 2020 von der Onlinepublikation "Stummfilm Magazin" verliehen. Mit der Auszeichnung sollen beispielhaft die vielen leidenschaftlichen und vielfältigen Bemühungen zur Pflege des frühen Filmerbes gewürdigt werden, die von engagierten privaten Initiativen bis hin zu öffentlich geförderten Institutionen geleistet werden. Zudem will der Preis eine größere Aufmerksamkeit auf den Stummfilm ziehen, der auch heute noch aufgrund seiner oftmals einzigartigen und nach wie vor einflussreichen künstlerischen Kraft zu faszinieren vermag. Preisträger*innen der letzten Jahre waren die "Regensburger Stummfilmwoche" (Deutschlands ältestes Stummfilmfestival, seit 1982), die ZDF/ARTE-Filmredakteurin Nina Goslar, die Stummfilmmusiker Joachim Bärenz, Günter A. Buchwald und Richard Siedhoff, der Dirigent und Arrangeur Burkhard Götze und der Filmverlag absolut MEDIEN.
Quelle und weitere Infos: www.stummfilm-magazin.de