Hofer Goldpreis für Lothar Herzog und "1986"

Bei den 53. Hofer Filmtagen sind am Samstag die Hauptpreise vergeben worden. Der Hofer Goldpreis der Friedrich-Baur-Stiftung 2019 vergeben durch die Bayerische Akademie der Schönen Künste in memoriam Heinz Badewitz für die beste Regie ging an Lothar Herzog für seinen Debütfilm "1986".

 

Der Hofer Goldpreis wird für die beste Regieleistung für einen ersten langen Spielfilm vergeben. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste bestimmt einen jährlich wechselnden Mentor aus ihrer Film- und Medienkunst-Abteilung, der den Preisträger auswählt. Nach Edgar Reitz (u.a. "Heimat", "Die andere Heimat") hat der Regisseur, Autor und Drehbuchautor Bernhard Sinkel (u.a. "Väter und Söhne", "Lina Braake") die Aufgabe in diesem Jahr übernommen.

Der Preis besteht aus einem zertifizierten Goldbarren von 1 kg Feingold (momentaner Handelswert ca. 43.000 Euro). Darüber hinaus beinhaltet der Preis die künstlerische Beratung des/der Regisseur*in bei der Entwicklung eines neuen Films über ein Jahr lang.

Aus der Begründung des Mentors Bernhard Sinkel:
"Lothar Herzog beschwört in seinem ersten Langfilm '1986' das Lebensgefühl jener jungen und jüngsten Generation, die die Sorge um die Vergiftung ihrer Umwelt Woche um Woche auf die Straße treibt. Er erzählt in Bildern visueller Magie und visionärer Kraft, wie die kontaminierte Zone von Tschernobyl die Liebe der Studentin Elena zu ihrem Freund Viktor - beide studieren in Minsk - zerstört. Um die Kautionssumme für ihren inhaftierten Vater aufzutreiben, beginnt Elena dessen illegale Geschäfte weiterzuführen und mit seinem panzerartigen alten Truck kontaminierte Konterbande aus der verbotenen Zone - eine Welt maskuliner Gewalt und Dominanz - zu schmuggeln. So ganz auf sich allein gestellt erliegt sie zunehmend dem Sog der verwunschenen Landschaft, ihrer überwuchernden Natur, in der Lothar Herzog das Alltägliche, Herrenlose, Kaputte derart eindringlich inszeniert, dass es statt Außenwelt zunehmend Elenas Seelenleben spiegelt, in der das simple wie aufrichtige Gefühl der Liebe zu Viktor sich in zersetzende Eifersucht verwandelt. Aus der gewinnsüchtigen Fahrt in die geschändete Natur wird eine zerstörerische Reise ins Innere der Protagonistin, bis Viktor sie schließlich verlässt und sie sich im unheimlichen Nebel der Zone verliert. Lothar Herzog hat einen bildmächtigen Erstlingsfilm gedreht mit jener großen künstlerischen Eigenwilligkeit, die das Autorenkino so anziehend macht."

Im Wettbewerb um den Hofer Goldpreis der Friedrich-Baur-Stiftung sind automatisch alle Regisseur*innen, deren langer Spielfilm bei den Hofer Filmtagen Premiere hat und deutscher Produktion sind.

Der Granit – Hofer Dokumentarfilmpreis 2019, gestiftet von der Hermann und Bertl Müller-Stiftung, ging an den Filmemacher Marc Pierschel für den Dokumentarfilm "Butenland".

Aus der Jurybegründung:
"Wir haben 17 Dokumentarfilme gesichtet. Wir waren überrascht über das große Spektrum an Inhalt, filmischer Form und Handschrift. Viele Filme haben sich mit der Frage beschäftigt, was oder wer ist innerhalb der Normen unserer Gesellschaft und was oder wer ist außerhalb. Ein Film, der von einem Ort erzählt, der nicht in unser gängiges System passt, gewinnt den Hofer Granit Dokumentarfilmpreis 2019. Der Preis geht an Marc Pierschel für 'Butenland'. Ein Heim für ausrangierte Nutztiere, eine packende Geschichte über Aktivisten und Tierschützer. Ein Film über die Schnittstelle Tier-Mensch, der uns konfrontiert mit unserer unentschiedenen Haltung gegenüber der Frage, welchen Wert hat das Nutztier, wenn es nicht mehr nützt? Gibt es ein anderes Miteinander für Tier und Mensch? Und zu welchem Preis? 'Butenland' erlaubt den Perspektivwechsel. Entstanden ist ein zärtlicher Film, der weh tut und uns einlädt, anders zu denken."
Alice Agneskirchner, Hans Andreas Guttner, Thorsten Schütte (Jury)

Marc Pierschel wurde 1978 in Hildesheim geboren und studierte Soziologie und Kulturwissenschaften in Münster. Er arbeitet als Regisseur, Kameramann, Cutter und Produzent.

Die in Hof ansässige Hermann und Bertl-Müller-Stiftung vergibt den mit 7.500 Euro dotierten Preis seit 2015 für den besten abendfüllenden Dokumentarfilm aus deutscher Produktion.

"Butenland" kommt im Frühjahr 2020 im Verleih von mindjazz pictures in die Kinos.

Quelle: www.hofer-filmtage.com