Der Funktionär

Deutschland 2018 Dokumentarfilm

Inhalt

Essayistischer Dokumentarfilm, in dem der Regisseur Andreas Goldstein ein Porträt seines Vaters entwirft, des DDR-Kulturfunktionärs Klaus Gysi (1912-1999). Als Kleinkind hatte Gysi den Ersten Weltkrieg und mit sechs den Zusammenbruch des Kaiserreichs erlebt. Geprägt von den Arbeiterkämpfen wurde er 1928 Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes und trat 1931 der KPD bei. Unter dem Hitler-Regime wurde er in Berlin von der Universität verwiesen und ging nach England. Von 1940 bis 1945 lebte er jedoch wieder illegal in Berlin, obwohl er als Jude in großer Gefahr schwebte. Nach dem Krieg machte Gysi als SED-Mitglied in der DDR Karriere: Er wurde Verlagsleiter, Kulturminister, Botschafter und Staatssekretär für Kirchenfragen. 1988, kurz vor dem Zusammenbruch der DDR, wurde er aus dem Staatsdienst entlassen. 20 Jahre nach dem Tod seines Vaters versucht Andreas Goldstein ein nüchternes und vielschichtiges Bild des Funktionärs und Privatmannes Klaus Gysi zu zeichnen. Dabei stellt er Gysis komplexen Lebensweg auch in Bezug zur deutschen und deutsch-deutschen Geschichte.

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

fedora2018
Reflexion
Verrauschte, graue, überdimensional wirkende Filmaufnahmen. Ein hagerer Mann mit hoher Stirn und einer runden Brille im dunklen Anzug, im Kreis anderer ähnlich aussehender Menschen. Ein öffentlicher Empfang? Möglicherweise eine Tagungsrunde. Der Mann ist Klaus Gysi, ehemaliger Minister für Kultur und Staatssekretär für Kirchenfragen in der DDR.
Aus dem Off die Stimme des Regisseurs und Autors, die sagt das ihm der Vater, nach dessen Tod oft im Traum erschien.
Dann Bilder aus dem Jahr 1990. Klaus Gysi im Gespräch mit Günter Gaus. Den Fragen nach der eigenen Verantwortung weicht er aus, zur Reflexion nicht in der Lage.
In einer Collage aus historischen Aufnahmen, Fotos und teilweise verfremdet wirkenden Videoaufnahmen reflektiert Regisseur Andreas Goldstein die Beziehung zu seinem Vater und zeichnet skizzenhaft dessen Lebensweg und politische Karriere nach, hinterfragt dessen Verhalten.
Ein fast einstündiger Monolog, der viel Aufmerksamkeit erfordert und der zwischen den Zeilen Fragen aufwirft.
Gewiss, die meisten dieser Bilder stammen aus einer anderen Zeit. Die DDR existiert seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr. Doch fragt man sich unweigerlich, wie sieht es eigentlich mit der eigenen Verantwortung in unserer Gegenwart aus? Wann ducken wir uns weg oder flüchten uns in Illusionen, wenn es um Fragen des Klimawandels oder der Verantwortung in Gesellschaft, Beruf oder Familie geht?
In seinem elegischen Tonfall und seiner Nüchternheit erinnert der Film manchmal an den „Neuen deutschen Film“ der siebziger und frühen achtziger Jahre.
Ein essayistisches Portrait , fern aller Hochglanzportraits und Geschichtsdokumentationen a la Knopp und Co.
Sehenswert, aber leider nirgends zu sehen.
© Thomas Kunze 2021

Credits

Alle Credits

Länge:
74 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe + s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 11.03.2019, 187465, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 31.10.2018, Leipzig, DOK;
Kinostart (DE): 11.04.2019

Titel

  • Originaltitel (DE) Der Funktionär
  • Arbeitstitel Bilder meines Vaters

Fassungen

Original

Länge:
74 min
Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe + s/w, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 11.03.2019, 187465, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 31.10.2018, Leipzig, DOK;
Kinostart (DE): 11.04.2019

Auszeichnungen

Filmwoche Duisburg 2018
  • Förderpreis der Stadt Duisburg