Die 3-Groschen-Oper

Deutschland 1930/1931 Spielfilm

Die 3-Groschen-Oper


Dr. Kurt London, Der Film, Nr. 8, 21.2.1931
(...) Der Regisseur G. W. Pabst inszenierte das Manuskript mit durchaus künstlerischem Bemühen: man hätte sich nur bei diesem Stoff – der doch intellektuell ist, man mag es drehen wie man will – eine noch schärfere Intelligenz in der szenischen gewünscht. Pabst wächst mit dem Manuskript am Schluß des Filmes: die Szenen der Bettlerdemonstration sind erregend, faszinierend. Aber die ersten zwei Drittel des Films bedürfen unbedingt eines gesteigerten Tempos. Bei aller Anerkennung der ausgezeichneten Detailschilderung wäre es doch angebracht, die allzu epische Formung zugunsten einer dramatischeren zu kürzen. Die Fotografie von F. A. Wagner war hervorragend und erinnerte an beste amerikanische Vorbilder: die Bauten Andrejews erfassen den Stil der Bettleroper besser noch als es das Drehbuch tut.
Während die Brechtsche Fassung der "Dreigroschenoper" zum Teil ziemlich stark verändert wurde, blieb die Musik Weills, mit Ausnahme einer einzigen Fanfare, im wesentlichen unangetastet. Die veränderte Position einzelner Songs hebt deren Wirkung sogar noch stärker hervor.

So muß es also für jeden Unbeteiligten rätselhaft sein, warum gerade Weill in seinem Prozeß gegen die Nero künstlerische Klagen führte.
Es erübrigt sich, über die Musik als solche noch viel zu sagen; sie wurde bereits das Labsal aller Intellektuellen in ihrer merkwürdigen Mischung von Geistigkeit und (unechter) Popularität. Weills Songstil ist ohne Zweifel eine wesentliche Bereicherung der Gebrauchsmusik, dieses neuen Typs einer dem Konzertsaal angewandten Kunst. Die Uebertragung im "Atrium" ließ manches zu wünschen übrig, was einerseits daran liegen kann, daß Tobis-Tonaufnahmen bei ihrer Reproduktion auf Klangfilm-Apparaturen Schwierigkeiten machen, andererseits an einer nicht genügend ausgefeilten Tonsteuerung.

Rudolf Förster als Mackie Messer: eine interessante Studie, vielleicht etwas zu starr wie übrigens die meisten der Hauptdarsteller dieses Films, wohl auch nicht ganz der Vorstellung entsprechend, die wir von Mackie Messer haben und die Harald Paulsen auf der Bühne verkörperte, aber doch eine überaus interessante Type. Carola Neher wirkt im Film schwächer als auf der Bühne. Ihre Polly ist um einige Nuancen zu stilisiert. Dennoch sympathisch, aber viel zu unbeweglich. (Fehler der Regie?) Peachum gibt Fritz Rasp recht eindrucksvoll; Valeska Gert als seine Frau hat wenig mehr zu tun als häßlich auszusehen. Reinhold Schünzel spielt den Tiger-Brown ganz anders als Gerron, seine Auffassung hat sehr viel für sich und wirkt weniger komisch, dafür aber weit natürlicher. Lotte Lenja als Jenny ziemlich unwesentlich; ausgezeichnet der Straßensänger von Ernst Busch. Aus den Kumpanen Mackies ragt Paul Kemp hervor.
Der Premierenabend stand auch äußerlich im Zeichen eines Ereignisses: man sah markante Köpfe aus Politik und Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Der Beifall war stark. (...)

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