Martina Priessner
Martina Priessner, Jahrgang 1969, studierte Sozial- und Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre erste umfangreichere Tätigkeit im Filmbereich war 2004 die Organisation des Filmworkshops "Europe in Motion: Moving Images, Shifting Perspectives in Transcultural Cinema in Berlin". Ihr Regiedebüt gab sie im Jahr darauf zusammen mit Tunçay Kulaoğlu bei dem Kurz-Spielfilm "Die Rasur", der auf zahlreichen internationalen Festivals gezeigt wurde. 2008 folgte mit "Die sechs Tage von Adam und Eva" (Regie wieder zusammen mit Tunçay Kulaoğlu) ein weiterer Kurz-Spielfilm, der jedoch unvollendet blieb. Von 2008 bis 2010 war Priessner am Berliner Ballhaus Naunynstraße als Dramaturgin und Kuratorin tätig. Zu den von ihr realisierten Projekten gehört unter anderem der Theaterparcours "Kahvehane - Turkish Delight, German Fright? Anatolische Kaffeehäuser in Kreuzberg und Neukölln".
Das Thema Deutsch-Türkische Migration blieb weiterhin ein zentrales Thema von Priessners Schaffen. In ihrem ersten abendfüllenden Dokumentarfilm "Wir sitzen im Süden" (2010) porträtierte sie vier Callcenter-Mitarbeiter türkischer Herkunft, die sich am Telefon jedoch mit "deutschen" Namen wie Ralf Becker oder Ilona Manzke melden. Der Film erhielt eine Nominierung für den Grimme-Preis.
Im Jahr 2013 realisierte sie während eines längeren Aufenthalts in Istanbul den 60-minütigen Found Footage Film "Everyday I'm çapuling", über die Gezi-Park-Proteste in Istanbul; auch dieser Film lief auf einigen internationalen Festivals. Von September 2014 bis August 2015 war Priessner Stipendiatin am Istanbul Policy Center, wo sie den mittellangen Film "650 Wörter" (2016) zum Thema Sprache und Migration realisierte.
Priessners Dokumentarfilm "Die Wächterin" (2020), das Porträt einer syrisch-orthodoxen Nonne im Südosten der Türke, wurde im Oktober 2020 bei Festival DOK Leipzig uraufgeführt und mit dem Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts ausgezeichnet. Im Jahr 2023 begann sie mit der Arbeit an dem Dokumentarfilm "Die Möllner Briefe", über die jahrelang zurückgehaltenen Beileidsbriefe aus der Bevölkerung nach dem mörderischen Brandschlag in Mölln 1992. Der Film feierte auf der Berlinale 2025 in der Sektion Panorama Dokumente Premiere und wurde mit dem Amnesty-Filmpreis und dem Panorama Publikumspreis ausgezeichnet. Wenig später erhielt der Film vom Haus des Dokumentarfilms den Roman Brodmann Preis, der an "herausragende Werke des politisch-investigativen und gesellschaftlich relevanten Dokumentarfilms" vergeben wird. Der Kinostart erfolgte im September 2025.