Wir sind fünf

DDR 1986/1987 TV-Film

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Sie haben sich einsam gelebt“ erkennt der Ingenieur Karl Ruhnau (Hansjürgen Hürrig) die Probleme der Frau, die ihm im Reichsbahn-Abteil gegenübersitzt: Ilona Loebe (Petra Kelling) kehrt gerade von einem Kuraufenthalt nach Berlin zurück. Beide sind sich auf Anhieb sympathisch, aber sie ist nicht wirklich an einer neuen Beziehung interessiert. Ist Ilona doch beruflich als Leiterin einer Kaufhalle ebenso stark gefordert wie als alleinerziehende Mutter daheim: „Wir sind fünf“.

Klaus (Thomas Dannemann), mit 19 der Älteste, der gerade seinen Armeedienst ableistet, ist freilich nur noch selten zu Hause, dafür beanspruchen die fast volljährigen Mathias, genannt Matti (Björn Lorenz), und der ungestüme Draufgänger Lutz, genannt Keule (Matthias Fricke), ihre ganze Aufmerksamkeit, nachdem ihr Vater vor Jahren tödlich verunglückt ist. Vom Nesthäkchen Netti (Katrin Golms) ganz zu schweigen, die als Erstklässlerin gerade in einen neuen Lebensabschnitt gestartet ist. Ihren Erzeuger, eigentlich ein liebenswerter älterer Herr, sieht sie nur zu besonderen Anlässen, denn Walter (Werner Tietze) ist alkoholkrank und wird immer wieder rückfällig.

„Wieder schön daheim zu sein“ bekundet Ilona aus voller Überzeugung: Matti hat sie vom Lichtenberger Bahnhof abgeholt, Netti ihr ein Bild gemalt. Wenn da nur nicht die weißen Mäuse im Kühlschrank wären – Futter für die Eidechse von Keules Kumpel Benno (Matthias Horn). Am anderen Morgen holt Ilona frische Brötchen auch für Keules schon wieder neue Freundin (Henriette Engel) und dann geht’s in die Kaufhalle, obwohl sie noch Urlaub hat: Ihrer Kollegin, Freundin und Vertrauten Rosie Langner (Cornelia Lippert) ists ganz recht, denn das Chaos ist nicht zu übersehen: Gebäude-Renovierung bei laufendem Betrieb.

Erst nach mehreren Anläufen ist Ilona bereit, Karl in Rosies Abendgarderobe in ein Konzert zu begleiten, ist sie doch der festen Überzeugung, dass Überraschungen in ihrem Leben nicht mehr zu erwarten sind. Auch der Ingenieur brauchte einen Anschieber in Person seines Brigadiers Robbi (Wolfgang Winkler) für einen rundum gelungenen Abend, der von Schuberts Forellenquintett in Ermangelung eines freien Restaurant-Tisches bei Würstchen und Sekt in seinem Bett endet.

Doch dann ist wieder Hängen im Schacht. Als Karl nicht locker lässt und spontan bei der Installation einer neuen Heizung in der Kaufhalle hilft, Matti auf seiner Baustelle ein Praktikum absolviert und Klaus zum Geburtstag seiner (Halb-) Schwester Kurzurlaub bekommen hat, könnte ein neuer Versuch starten – im schönen Rheinsberg. Doch zu Nettis Geburtstag ist er nicht eingeladen, weshalb er beim Ball der einsamen Herzen Trost sucht. Aber zur Überraschung der Garderobiere (Christel Peters) gleich wieder umkehrt: Gerade weil Karl nicht an seinem Glück vorbeigehen will, betritt er das Etablissement nicht wirklich…

„Wir sind fünf“, eine 95-minütige Babelsberger Produktion (PL Harald Fink) im Adlershofer Auftrag nach einem Szenarium von Reinhard Kettner, hätte auch auf der Leinwand Bestand gehabt, wie eine Aufführung am 24. April 2025 im Berliner Kaffekaffe eindrucksvoll unter Beweis stellte: Regisseur Richard Engel und seine Gattin Petra Kelling konnten weitere sechs Darsteller zu einem Familientreffen im Prenzlauer Berg versammeln, dem sich andere aus Theater und Film bekannte Schauspieler anschlossen.

Für die kunstvoll ineinander verschachtelten, sehr lebensnahen Geschichten haben sich Engel und Kameramann Helmut Grewald viel Zeit genommen und die Gesichter der Protagonisten immer wieder in Großaufnahmen gezeigt: „Man kann mit den Augen viel mehr ausdrücken als mit tausend Worten, ein Blick genügt“ so der 85-jährige Regisseur im Gespräch mit Gastgeber Uwe Noske. Gedreht wurde übrigens bei laufendem Kaufhallen-Betrieb auch mit Laien.

Ein Markenzeichen des am 23. April 1940 in der südfranzösischen Mittelmeer-Hafenstadt Sète geborenen Richard Engel. Der Sohn einer Holländerin und eines deutschen Kommunisten, die sich in der Int. Brigade gegen das Franco-Regime kennengelernt und sich nun der Résistance angeschlossen hatten, wuchs quasi als Defa-Kind auf, da sein Vater nach dem Krieg in Babelsberg tätig war. Die Lebensrealität in der DDR, hier die Patchwork-Familie Loebe mit Kindern von verschiedenen Partnern, hat Engel auch optisch gespiegelt, indem er die Menschen weniger mit Worten als mit Blicken und Gesten porträtiert hat.

In den 1980er Jahren Vorsitzender der TV-Sektion des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR hat Richard Engel vor allem realistische Spielfilme gedreht, „Wir sind fünf“ als Auftakt einer Trilogie mit „Jonny kommt“ (1988) und „Letzte Liebe“ (1991).

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Screening:

Uraufführung (DD): 03.01.1988, DDR-TV

Titles

  • Originaltitel (DD) Wir sind fünf

Versions

Original

Screening:

Uraufführung (DD): 03.01.1988, DDR-TV