Echte Kerle

Deutschland 1995/1996 Spielfilm

Echte Kerle


Rolf-Rüdiger Hamacher, film-dienst, Nr. 11, 21.05.1996

Die deutsche Komödien-Welle reißt nicht ab. Nun versucht sich der ehemalige Dokumentär- und Kinderfilmregisseur Rolf Silber ("Stadtpiraten", fd 26 088) nach seinem mißlungenen Spielfilm-Debüt "Kassensturz" (fd 24 428) zum zweiten Mal in diesem schwierigen Genre. Aber so sehr er sich auch bemüht, die "bewegte Beziehung" zweier durch einen Zufall plötzlich zusammenwohnender Männer in frische Komödien-Gleise zu lenken - er scheitert an der großen Leinwand, die er nicht mit Bildern zu füllen versteht, und einem in Fernsehroutine erstarrten Inszenierungsstil. Dabei ist die Geschichte ganz hübsch: Der Frankfurter Kriminalkommissar Christoph Schwenk landet nach dem Rausschmiß durch seine Verlobte und der folgenden kummerertränkenden Nacht im Bett des Automechanikers Edgar. Konsterniert verläßt er am nächsten Morgen die Wohnung, kehrt aber zurück, als er keine Bleibe findet. Christoph stellt zwar klar, daß er heterosexuell ist und nur für eine Übergangszeit ein Zimmer sucht - aber der verliebte Edgar versucht immer wieder, ihn von seinen homosexuellen Neigungen zu überzeugen. Die Situation wird noch komplizierter, als | Christophs Kollegen von seiner "Neigung" erfahren, und Edgar sich als Hehler gestohlener Autos entpuppt. Und dann verliebt sich auch noch seine Kollegin Helen in ihn, die ihm und seinem Partner Mike zur Observation der Autoschieberbande zugeteilt worden ist. Als auch noch Edgars verständige Mutter und dessen eifersüchtiger Liebhaber auftauchen, ist das Chaos perfekt. Zum Happy-End gibt es einige überraschende "Coming Outs", die auch vor dem Polizeipräsidium nicht halt machen. Zwischen dem mit kokettem Macho-Charme aufspielenden Christoph M. Ohrt und dem ein spitzbübisches Verliebtsein ausstrahlenden Tim Bergmann stimmt zwar die schauspielerische Chemie, und das Drehbuch legt ihnen auch ein paar hübsche Pointen in den Mund - aber nach der gelungenen Eingangssequenz, als Christoph nach und nach seine Habseligkeiten verliert, passiert auf der Bildebene gar nichts mehr. Und wenn Silber versucht, einen Gag optisch aufzulösen - z.B. die Verhaftung des (falschen) Gangsterbosses -, wirkt das so laienhaft von Idee und Inszenierung her, daß man nicht mal schmunzeln kann. Ebensowenig versteht Silber es, den Schauplatz | Frankfurt mitspielen zu lassen: Eine Stadt, die man (fast) als New York verkaufen könnte wirkt hier wie eine langweilige Mittelstadt; Das geht dann mit dem Ambiente der Kriminalhandlung überhaupt nicht zusammen und bekommt durch die fehlende Farbdramaturgie den Anstrich einer biederen Fernseh-Vorabendserie. Die glückliche Hand, die Silber bei der Auswahl seiner männlichen Darsteller hatte, verließ ihn bei der Besetzung der weiblichen Hauptrolle. Carin C. Tietze schwankt immer etwas zwischen Lehrerin und Betschwester und wirkt wie ein Fremdkörper neben ihren launigen Kollegen. Ein guter Film ist "Echte Kerle" noch lange nicht, und man ist auch nicht auf den nächsten Film seines Regisseurs gespannt.

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