Liebe mit 16

DDR 1973/1974 Spielfilm

Von der ersten großen Liebe


Margit Voss, Film und Fernsehen, Berlin/DDR, Nr. 11, 1974


Dieser Film will davon erzählen, wovon im Titel die Rede ist: von der ersten großen Liebe junger Leute. Das muß nicht klein und unbedeutend sein, das kann entscheidend sein für ein ganzes Leben. Das sollte nachdenklich machen und Auskunft geben über Beziehungen zwischen jungen Menschen unserer Tage, über Eltern, über das Verhältnis zweier Generationen zueinander, über moralische Haltungen. Im geistigen Profil der Helden – auch der sehr jungen Helden – möchte man etwas spüren von den Auseinandersetzungen der Epoche, von den Erfordernissen des Alltags als Zeugnis einer bestimmten Zeit. (…)

Halten wir uns zunächst an die Autoren Gisela Steineckert und Rainer Simon, eine Konstellation, die auf eine Vorgeschichte des Films hindeutet (die möglicherweise die jetzige Struktur hervorgebracht hat). Warum realisiert ein so renommierter Regisseur wie Simon seinen Stoff nicht selbst? Von ihm gibt es keine Aussagen auf die Frage nach dem Anliegen des Films, wohl aber von Gisela Steineckert, die im "Filmspiegel" folgende Auskunft gab; "Mich interessiert als Autor die Veränderbarkeit und das zu Verändernde der zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn ich diese Liebesgeschichte erzähle, dann erzähle ich sie nicht, um einen Jungen und ein Mädchen isoliert von der Umwelt jung und unerfahren, in ihren ersten Liebesbeziehungen zu zeigen. Sondern das ist für mich die Möglichkeit, den Boden um sie herum abzutasten. (…)


Auch das zweite Bekenntnis – "Ich versuche, mit meinen literarischen Beispielen Vorschläge zu machen" – ist an Hand des Films kaum zu belegen. Kritische Distanz zu den Elternpaaren wird zwar angestrebt, doch beschränken sich die vorgeführten Haltungen der Eltern auf die Angst vor der Ablenkung durch die Freundin und vor der Gefahr einer unerwünschten Schwangerschaft; darüber hinaus werden mögliche Verhaltensweisen aber kaum angeboten. (…)

Ohne nun versöhnlerisch sein zu wollen: Mir gefällt am Buch vor allem die sehr eindringlich nachempfundene Sensibilität Inas und Mattis, die scheue Zuneigung, das Sich-nicht-äußern-können. Mir gefällt die Ehrlichkeit, mit der sie sich in ihrer Unbeholfenheit offenbaren. Man spürt, daß sie fähig sind, zu lieben, Liebe zu geben und zu empfangen, daß sie auf dem Weg sind, Persönlichkeiten zu werden. Man folgt beiden mit Sympathie, wäre gern weiter ihr Weggefährte.

Alles, was Ina und Matti betrifft, ist mit großer Sorgfalt inszeniert. Simone von Zglinicki und der Oberschüler Heinz-Peter Linse stellen das Entstehen von Beziehungen mit einer Intensität dar, wie es jungen Schauspielern vor der Kamera nur selten gelingt. Das ist zweifellos ein Verdienst der Regie. Hier liegt ihre Stärke. Hier lag auch eine Möglichkeit, die vom Buch vorgegebenen Konflikte zu vertiefen. Aber diese Chance wurde nicht genutzt. Vielmehr scheint der Regisseur Herrmann Zschoche einen Weg der Realisierung darin gesehen zu haben, den Stoff so heiter wie möglich auf die Leinwand zu bringen. (…)

Damit aber wurde der gesamte Film verkleinert. Natürlich bleibt genug um angenehm unterhalten zu werden. Allein schon die Wahl Schwerins als Drehort bot eine Garantie für die stimmungsvolle Atmosphäre und einen landschaftlich reizvollen Hintergrund, die Kameramann Günter Jaeuthe auch weidlich auszubeuten wußte. (…)

Eine Überraschung war für mich die Bekanntschaft mit Angelika Perdelwitz in der Rolle des Mädchens auf der LPG. Diese Schauspielerin besitzt eine starke erotische Ausstrahlung, eine Seltenheit bei der DEFA. Ihre Rolle umfaßt nur einige Szenen, aber sie bleibt dank ihres Charmes im Gedächtnis. Herbert Köfer als Tanzlehrer wirkt sehr komisch, wenn auch allzu antiquiert; man nimmt"s als Spaß ohne tiefere Bedeutung. Was Martin Trettau, Christoph Engel, Katharina Lind und Marylu Poolmann angeht, so mag man ihnen nicht ankreiden, was weiter vorn zum Buch und zur Regie gesagt worden ist.

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