Das Bildnis des Dorian Gray

Deutschland 1917 Spielfilm

Das Bildnis des Dorian Gray


Der Kinematograph, Nr. 549, 4.7.1917


Mit einem tiefernsten Stoff beschäftigt sich Richard Oswald in "Das Bildnis des Dorian Gray". Der Stoff ist wohl zu bekannt, um näher auf ihn eingehen zu müssen. Er ist dem berühmten Roman von Oscar Wilde entnommen, in dem der Verfasser seinem eigenem Ich eine Charakteristik zu geben unternommen hat. Die Furcht vor dem Alter! Lieber die Seele verkaufen, als älter werden. So jung und schön wie auf dem von seinem Freunde gemalten Bilde will Dorian Gray bleiben; er jung, mag das Bild älter werden! Und es verändert sich und spiegelt im Gesicht wieder, welche Veränderungen in seinem Innern vorgegangen sind, in ihm, dem Verbrecher, der den Tod der ihn abgöttlich liebenden jugendlichen Schauspielerin verschuldet hat, der den eigenen Freund, eben jenen Maler, ersticht. Endlich, in namenloser Furcht, selbst getötet zu werden, zerschneidet er das Bild, aber der Stoss trifft ihn selbst: das Bild nimmt wieder sein jugendliches Aussehen an, der tote Dorian Gray zeigt die Züge eines alten Mannes. – – Auf die Gestalt des Helden richtet sich unsere Sympathie, obwohl wir in ihm den Verbrecher sehen. (...) Das so sehnlichst gewünschte Dasein wird ihm zur Qual, aus der ihm kein Entrinnen mehr möglich ist. Der Tod, der ihm die Gestalt wiedergibt, die er haben sollte, ist ihm Erlösung. Oswald hat die Figur mit ausserordentlicher Liebe behandelt, hat sie uns menschlich nahe gebracht. Dann noch eins, das für das grosse Geschick und für das Feingefühl Oswalds spricht, die Art, wie er eine bestimmte Seite von Dorians Empfinden, das im Original kräftiger gezeichnet ist, behandelt. Da sind nur ganz feine Andeutungen zu finden, verständlich nur dem, der den Roman ernst studiert hat. Aus dieser ganzen Arbeit spricht grosser künstlerischer und sittlicher Ernst, der sie zu einer eigenartigen und wertvollen Erscheinung stempelt. Die literarische Note kann die Kost nur noch wertvoller machen, und man darf es aussprechen, dass Oswald auf seinem Weg in vornehmster Form weiterschreitet. Bernd Aldor ist der beste Vertreter, den man sich für Dorian Gray denken kann. Er drängt alle Leistungen. zurück, von denen noch die der Herren Pitschau und Ludwig als besonders beachtenswert zu erwähnen sind.

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