Die Herren mit der weißen Weste

BR Deutschland 1969/1970 Spielfilm

Die Herren mit der weißen Weste


WB, film-dienst, Nr. 14, 07.04.1970

Mit "Die Mörder sind unter uns" (FD 128), "Rotation" (FD 5981) und "Der Untertan" (FD 2502) hat Wolfgang Staudte, der in Saarbrücken geborene Reinhardt- und Piscator-Schüler, Filmgeschichte gemacht. Mit "Rosen für den Staatsanwalt" (FD 8443), "Kirmes" (FD 9335) und "Herrenpartie" (FD 12608) zeigte er, daß er durchaus bereit war, Konzessionen an seine Zuschauer zu machen. Nun scheint er alle Ambitionen auf Bewußtseinsbildung im Kino aufgegeben zu haben. Allerdings zeigt er, daß das Lustspiel auch in deutschen Ateliers nicht ausgestorben ist, und das ist viel in einer Zeit, in der sich die ehrgeizigen Jungfilmer vielfach selbstquälerisch mit ihren Problemen auseinandersetzen oder aber die Kommerziellen mit jeder nur möglichen Spekulation die Kassen aufzubessern versuchen. Staudte ließ sich von Karl-May- und Edgar Wallace-Produzent Horst Wendtland für den Plan begeistern, eine Gaunerkomödie zu inszenieren. Mag sein, daß der Auftraggeber dabei an Staudtes "Ganovenehre" (FD 14015) gedacht hatte, aber im Blick auf die investierten Mittel der Filmförderungsanstalt mußte das Klima sauberer sein als das des Vorgängers.

Wer Staudte nicht übel nimmt, daß er auf jegliches sozialkritische Engagement verzichtet hat, kann sich mit seiner "guten Unterhaltung" wirklich gut unterhalten. Die Nachricht von der Rückkehr "Dandys" aus den Staaten veranlaßt nicht nur Kriminalinspektor Knauer, die Akte Bruno Stiegler kommen zu lassen, sie veranlaßt auch den Schwiegervater des jungen Kriminalisten, einen pensionierten Oberlandesgerichtsrat, seine Freunde zu einer wichtigen Konferenz ins Palace-Hotel zu bitten. Was ihm während seiner Dienstzeit nicht vergönnt war, sollte ihm jetzt gelingen: Er will mit noch größerer Schlauheit als "Dandy" zu Werk gehen und ihn auf diese Weise endlich hinter Schloß und Riegel bringen. So kundschaftet er mit seinen Freunden, jeder Mann ein Spezialist, die Pläne "Dandys" aus, und dieser muß bei bester strategischer Vorbereitung feststellen, daß immer wieder jemand vor ihm den Coup gelandet hat.

Dadurch nervös geworden, wird er unvorsichtig und verrät sich schließlich selbst. Der Kriminalinspektor hat sein Ziel erreicht, und der Club der alten Herren sieht befriedigt zu, wie sich die Handschellen um Dandys Handgelenke schließen. – Produzent Wendtland ließ sich dies Renommierstück etwas kosten, nicht nur durch die respektable Besetzung mit einer ersten Garde namhafter Darsteller, sondern auch durch eigene Mitarbeit. Unter dem Namen H. O. Gregor ist er auch Drehbuchautor auf der Grundlage eines vielgelesenen Romans von Forster. Dadurch erklärt sich möglicherweise auch die Verwendung mancher Gags, denn der mehrfache Gewinner einer "Goldenen Leinwand" weiß mit sicherem Instinkt, was die Filmbesucher im Kino zu finden wünschen. Bei dem Aufwand allerdings hätte man dem Werk eines Regisseurs mit Namen etwas mehr Witz wie bei angelsächsischen Vorbildern gewünscht. Immerhin hat Staudte vor dem Hintergrund des heutigen Berlin eine Geschichte erzählt, die zwar bei aller aktualisierten Kulisse keinerlei Wirklichkeitsbezogenheit besitzt, dafür aber mit handwerklicher Akkuratesse wie ein modernes Märchen Kurzweil zu vermitteln vermag. An der sauberen Darstellerführung spürt man sogar die Hand des Meisters Staudte. So ist der Film bei allem Bedauern über den zu geringen Tiefgang eine erfreuliche Ausnahmeerscheinung auf dem deutschen Filmmarkt.

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