Unheimliche Geschichten

Deutschland 1919 Spielfilm

Unheimliche Geschichten

Berliner Tageblatt, Nr. 531, 8.11.1919

Die Richard-Oswald-Lichtspiele luden zu der Uraufführung eines aus fünf Szenen bestehenden neuen Films: "Unheimliche Geschichten" ein. Zum erstenmal ist hier eine Reihe von Filmeinaktern geboten, die auf einen ganz bestimmten Ton, den des Unheimlichen, gestimmt sind. Diese Art ist neu. Es wird hier gewissermaßen der Beweis erbracht, daß zu einem wirksamen Film nicht Tausende von Statisten und eine Riesenaufmachung gehören, sondern daß sich dies auch auf anderem Wege erzielen lässt. Das Experiment ist geglückt durch zwei Momente: man wandte das erprobteste Mittel an: die Spannung. Andererseits hat man die Filme ganz auf Spiel gestellt, auf den Typ des denkenden Schauspielers, ohne den diese meist ausstattungslosen Stücke unmöglich sind. An erster Stelle muß Reinhold Schünzel genannt werden, der durch die wechselnden Ausdrucksmöglichkeiten frappierte und so ein Spiel in allen Einaktern möglich machte. Am besten gelang ihm die Figur des Ehemanns in der ”Schwarzen Katze” von Edgar Allen Poe, am besten lag ihm vielleicht das nuancierte Rokokolustspiel ”Der Spuk”, das nur auf ”Spiel” gestellt war. Konrad Veidt ist sein bester Partner. Er bringt schon ein so markantes Filmgesicht, mit dem er allein ”unheimliche” Wirkung erzielen kann. Im ”Selbstmörderklub” kommt er zur besten Geltung. Anita Berbers kapriziöse Rokokofigur ist für den letzten Akt, ”Der Spuk”, wie geschaffen. Der Tanz im Stück ”Die Hand” ist ihr eigenstes Gebiet. Das Zusammenarbeiten dieser drei Künstler ist meisterhaft und ist der Grund des Erfolges. Die Arbeit Robert Liebmanns, des Dramaturgen, verrät einen sicheren Blick für das Wirksame. Anzuerkennen ist die Sparsamkeit der Titel. Es ist das Verdienst Richard Oswalds als Regisseur, sich diese Kräfte herangeholt zu haben und sie sich entfalten zu lassen. Vielleicht hätte das Tempo manchmal etwas rascher sein können, besonders wo man nur Exposition gab. Die Photographie ist, besonders technisch bei den Erscheinungen, erstklassig, die dekorative Einrichtung recht geschmackvoll.

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