Grieche sucht Griechin

BR Deutschland 1966 Spielfilm

Grieche sucht Griechin


K. A. Stanke, Film-Echo, Nr. 86, 29.10.1966

Die Welt des "Griechen" Archilochos ist gefestigt. Er hat eine unumstößliche Rangordnung moralischer Werte, unantastbar und streng hierarchisch: Staat, Kirche und Firmenchef verkörpern ihre Spitze. Sein Leben ist überschaubar, bis ihn die Liebe wie eine Naturkatastrophe überfällt, plötzlich und ohne Vorwarnung. Sein Leben wird umgekrempelt, die moralischen Spitzenreiter beginnen auf ihrem Sockel der Unantastbarkeit bedenklich zu wackeln.

"Wie in einem billigen Kino geht alles zu, fast schäme ich mich, davon zu reden, die ganze Stadt beginnt mich zu grüßen, wie ich mit diesem Mädchen durch die Straßen gehe, der Staatspräsident, Sie, alle möglichen wichtigen Persönlichkeiten, heute mache ich die unwahrscheinlichste Karriere in weltlichen und kirchlichen Bezirken, steige aus dem Nichts, von der jämmerlichen Existenz eines Unterbuchhalters zum Generaldirektor und zum Weltkirchenrat auf – das ist doch alles unerklärlich und beunruhigt mich tief." So schildert Dürrenmatt die Verwandlung seines Helden. Dem Archilochos des Films fehlt dieses beunruhigende Staunen. Heinz Rühmann ist bis zum Schluß Unterbuchhalter. Kleinbürger, dessen Augen den ganzen Schmerz der Welt widerspiegeln. Er leidet ohne zu murren, immer als liebenswertes, unbedarftes Seelchen. Er versteht nichts. Die Hoffnung, daß nur die Liebe noch einen Sinn in die verkorkste Welt zu bringen vermag, wird bei ihm nie deutlich. Seinem Spiel fehlt die Ironie, die Distanz, die verschmitzte Überlegenheit, die auch in der Figur steckt. Er bleibt bis zum Schluß ein dümmlicher Spießer. An dieser Fehlbesetzung der Hauptrolle scheitert der Film.

Auch die aufgesetzte und gequälte Regie Rolf Thieles ändert daran nichts. Bei allem Lechzen nach Kunst gelingt ihm immer nur Kunstgewerbe. Die dröhnende Beethovenmusik als Untermalung eines Spaziergangs z. B. bleibt einfach laut, Stimmung schafft sie nicht. In jeder Einstellung schaut das Anliegen des Regisseurs durch die Dekoration. Nichts wirkt selbstverständlich. Die Machart ist nie zu übersehen. Die sozialkritischen Passagen ersticken in ihrer Betulichkeit. Er zeigt keine Satire, sondern nur freundliche Conference. Der Erfolg des Films heißt Irina Demick. Sie ist eine Priesterin der Liebe – keine Prostituierte. Darin liegt der Reiz des Spiels. Ihre Kurtisane hat nichts von den Fähigkeiten eingebüßt, wirklich zu lieben. Sie ist klug, schön und charmant. Ihr Anblick stimmt mit dem Film versöhnlich.

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