Goya

DDR UdSSR 1970/1971 Spielfilm

Goya


Peter Ahrens, Die Weltbühne, Berlin/DDR, 28.9.1971


(…) In einer bemerkenswert konzentrierten Exposition werde ich über die optische Fülle, den akustischen Reichtum der Straßenszenen, den Glanz des Hofempfangs mitgerissen und von der dramatischen Logik schnell sich entwickelnder Beziehungen und Ereignisse gefangen. Der Maler Goya wird in eine objektiv erzählte Umwelt hineingestellt, ist Teil dieser Welt, gläubig, ehrgeizig, leidenschaftlich, zufrieden und unzufrieden, anständig, aber nicht engagiert, die Welt mit offenen Augen und wachen Sinnen aufnehmend, mehr getrieben als entschieden.

Melodramatische Situationen wie der Tausch der geliebten Pepa gegen die Befreiung des liberalen Politikers Jovellanos wechseln mit gestochen zeremoniell komponierten Escorial-Promenaden und der zwischen Leidenschaft und Sentimentalität in der Schwebe gehaltenen ersten Liebesszene mit der Alba; in der Heiterkeit einer Parkszene mit dem König enthüllt sich die Hofnarrenrolle des geschätzten Künstlers, der sich später in seinem Werk revanchieren wird; aber zwischen all dem gibt es plötzlich die erregende Begegnung mit der Volkssängerin Maria Rosario, Verkörperung des elementaren Freiheitswillens des Volkes, die Goya nicht mehr loslassen wird; da wird der Konflikt plötzlich deutlich zwischen der Kritik an seinen glatten Hofportraits und den abstrakten Forderungen des Politikers Jovellanos, ein Konflikt, den nur er selbst wird lösen können; und wie schrille Signale gesetzt sind die stillen Auftritte des Boten der Inquisition, die den beiden so unterschiedlichen Demonstrationen reaktionärer Macht und ihrer Methoden – Vernichtung oder Integrierung – vorausgehen.

Es gibt keine Erkenntnis ohne Erleben und für den Künstler überdies erst dann, wenn er sie wieder in Erlebbarem, in seiner Kunst, realisieren kann: am Ende dieser Phase steht plötzlich, unerbittlich scharf gesehen, das Bild der spanischen Königsfamilie, vor dessen kühner Wahrheit auch Freunde erschrecken, ehe die Königin es klug akzeptiert und integriert. (…)

Der "Goya"-Film nimmt in der Filmproduktion der DDR wie der sozialistischen Länder einen besonderen Platz ein, nicht nur wegen seiner geistigen und ästhetischen Qualitäten, sondern aus zwei weiteren Gründen. Er zielt darauf, dem Auseinanderklaffen von Kunstwert und Massenwirkung, das unsere Produktion und unser Programm belastet, entgegenzuwirken durch einen Stoff, der den so oft mit Flachheit und Buntheit erkauften Schauwert in den Dienst eines philosophischen und ästhetischen Anspruchs stellt. Mir scheint, daß hier die technischen Möglichkeiten des großformatigen Films, des modernen Farbmaterials überzeugend genutzt wurden und deren Eignung für Filmkunst bewiesen ist. (…)

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