Der Greifer
Der Greifer
(...) Wir haben den besten Tonfilm des Jahres gesehen. Oder auch, und vielleicht berechtigter: wir haben überhaupt den ersten Tonfilm gesehen. (...)
Im Ufa-Palast am Zoo saßen die Besucher aufs höchste gespannt und vergaßen das Atmen. Die Augen waren nicht von der Leinwand zu reißen. Die Augen! Das Ohr tat seine langgewohnte Pflicht. Es hörte nur, es rundete die Eindrücke zum Schau-Erlebnis, es spielte nicht die Hauptrolle.
Das Manuskript von Rudolf Katscher und Egon Eis ist ausgezeichnet und gewiß intuitiv erfaßte Vielseitigkeit seiner ton-film-dramaturgischen Gestaltung. Die Kamera rast den Begebenheiten nach. Sie rückt die Ereignisse dicht heran. Sie ist so wunderbar schwatzhaft wie in den Hoch-Zeiten des stummen Films. Und soll sie immerhin Geschichten voller Phantasie erzählen und Erdachtes zu erlebter Wirklichkeit werden lassen, soll sie immer im Geiste der großen Abenteurer-Romantiker sprechen und alltagsfremde Sensationen zu hinreißenden Kapiteln ihrer Bildromane machen (daß sie es doch künftig auf allen anderen Gebieten des Tonfilmschaffens entsprechend täte!). Diese Phantasie ist doch schöpferisch, diese Ereignisse sind doch filmisch, diese Lebendigkeit ist doch echt.
(...) Der kühne Lenker dieses Tonfilms, der den Beginn einer neuen Tonbild-Periode darstellt, ist Richard Eichberg. Seine Regieleistung, die das bravouröse Draufgängertum des Unbekümmerten aber auch Zielsicheren verriet, darf als eine seiner besten, wenn nicht als die beste überhaupt bezeichnet werden. Die schöpferische Ungeduld, mit der er den Ablauf der Szenen beflügelte, blieb dennoch diszipliniert, das Fingerspitzengefühl, mit dem er alle Effekte herausarbeitete, zeugte von dem Künstlertum eines die Materie durchaus beherrschenden, instinktiv arbeitenden Inszenenten.
In der Hauptrolle der prachtvolle Hans Albers als Sergeant Harry Croß. Ein wunderbares, fein abgestimmtes Spiel. Höchste darstellerische Vollendung. Prachtvolle Bissigkeit, ein leiser Unterton von bärbeißiger Gemütlichkeit. Eine blutlebendige Figur. Charlotte Susa gab die Revuesängerin, mit den Gaunern und allen Teufeln im Bunde. Glitzernde, verführerische Pracht, sprühendes Hin und Her. Margot Walter als kleine eifersüchtige Frau nett und reizend. Harry Hardt als Inspektor sehr wirksam. Eugen Burg als Chefinspektor sehr eindringlich. Die Verfolgten waren Karl Ludwig Diehl, Mylong-Münz und Fischer-Köppe, alle ausgezeichnet. In kleineren Rollen spielten Hermann Blaß, Erich Schönfelder, de Sabo, Senta Söneland, Hertha von Walther, Wera Engels, Röllinghoff, Lotte Stein, Roth und Peggy White.
Die technisch hervorragende und hinreißend lebendige Photographie besorgten Heinrich Gärtner und Bruno Mondi. Die Bauten von Clarence Elder waren milieuecht und bewiesen höchsten architektonischen Geschmack.
Das Publikum saß in höchster Spannung. Brausender Beifall am Schluß.