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Eutin

Unser Mann am Grill

Proletarische Figuren: der deutsche Schauspieler Axel Prahl


Axel Prahl ist nicht groß, aber er wirkt wie einer, an den sich eine Frau anlehnen kann. Das liegt an der kräftigen Statur, aber auch an der verlässlichen, “soliden” Ausstrahlung. Er hat mittelblonde Haare, keine nennenswerte Frisur, helle Augen, kräftige Backen, eine Andeutung von Doppelkinn. Dazu eine schmale Nase, die vielleicht einmal gebrochen war, und einen unerwartet feinen Mund. Nein – glamourös sieht Axel Prahl nun wirklich nicht aus. Oft wirkt er wie der Inbegriff des kleinen Mannes. Wie einer, der ordentlich zulangt beim Essen und die Fotos seiner Kinder in der Brieftasche trägt. Sehr viele Hauptrollen gab es für ihn nicht. Meist spielt er Verlierer wie in Halbe Treppe, die Sorte Typ, die in der Waschanlage stecken bleibt und den Kopf aus dem Fenster steckt, gerade, wenn der Strom wieder angeht.

Durch "Halbe Treppe" (2002) ist Prahl bekannt geworden, der Film gewann auf der Berlinale den Silbernen Bären. Prahl spielt einen Imbissbesitzer, der so viel schuftet, dass er seine Frau darüber vergisst, bis die ihn betrügt – eine tragisch-komische Rolle. Uwe Kukowski heißt er hier und gibt den Ossi, als hätte er nie woanders als in Frankfurt an der Oder gelebt. Dabei wurde Prahl 1960 in Eutin in Schleswig-Holstein geboren. In Kiel hat er die Schauspielschule absolviert, danach an Theatern in Schleswig-Holstein und Berlin gearbeitet.

In Berlin, beim Grips-Theater, hat ihn Dresen für den Film entdeckt, da war Prahl schon Ende 30. In "Nachtgestalten" (1999) hatte er dann einen kurzen Auftritt als Polizist und war so überzeugend, dass er danach immer wieder in Polizistenrollen besetzt wurde: In "Alaska.De" (2000) von Esther Gronenborn zum Beispiel, in "Rette dein Haut" (2001) von Lars Becker oder Mark Rothemunds "Die Hoffnung stirbt zuletzt" (2001). Auch für Andreas Dresen hat Prahl noch einmal den Polizisten gespielt und dafür einen Grimme-Preis in Gold bekommen: In "Die Polizistin" (2000) verliebt sich Anne, eine junge Kollegin auf einer Polizeistation in einem Problembezirk von Rostock, in ihn. Er ist nett und scheint der Neuen im Revier Halt zu geben. Schließlich schläft er mit ihr, obwohl er verheiratet ist und nicht viel mehr will als kumpelhaften Sex. Wie Anne empfindet, darüber hatte der Streifenpolizist Mike wenig nachgedacht.

Im Grunde spielt Prahl immer wieder Männer, denen die Dinge über den Kopf wachsen. Daraus schöpft er die Komik seiner Figuren, auch in kleineren Rollen: In Geht nicht gibt’s nicht von René Heisig beispielsweise bereitet sich Vater Heinz mit der Nachbarin auf ein Fernseh-Ratespiel vor, wird aber verdächtigt fremdzugehen. In "Befreite Zone" scheitert er bei der Demonstration eines Staubsaugers.

Eine wunderbar peinliche Szene in Halbe Treppe zeigt den Imbissbudenbesitzer mit seinem Rivalen und ihren beiden Frauen bei einer “Aussprache”. Kukowski hat das Treffen mit Kaffee und Kuchen inszeniert und sucht nun hilflos nach Worten: “Also, ich finde, ihr solltet euch einfach nicht mehr sehen”, lautet schließlich sein Vorschlag.

Der von den Frauen und ihrer Unabhängikeit überforderte Mann kann aber auch durchaus psychopathische Züge annehmen. In "Polizeiruf 110 – Wandas letzter Gang" spielt Prahl einen früheren Boxer, der im Suff seine Ex-Frau schlägt. Prahls körperliche Schwere, die so viel Verlässlichkeit ausstrahlen kann, wirkt hier bedrohlich. Aber auch rührend und komisch ist seine Ungeschicklichkeit, als er – mehr aus Versehen denn mit Absicht – später ein paar Geiseln nimmt. Am Ende kommt dabei allerdings eine Frau ums Leben.

Auch in Marc Rothemunds "Die Hoffnung stirbt zuletzt" ist die Figur, die Prahl spielt, für den Tod einer Frau verantwortlich. Er verkörpert den Leiter einer Polizeistation, einen auf den ersten Blick kumpelhaften Chef, dessen Mobbing-Aktionen eine junge Polizistin zum Selbstmord treiben. So überzeugend war er in der Rolle, dass ihn Freunde deswegen angefeindet haben. Spannend, obwohl er nur als Sprecher auftritt, ist auch seine Rolle in "Aus Liebe zum Volk". Er gibt den Bericht eines Stasi-Offiziers wieder und verleiht der unsichtbaren Figur Präsenz durch seine Stimme.

Sein “Tatort”-Kommissar ist nicht so differenziert angelegt wie frühere Rollen. Hier ist er ganz der nette, eigenwillige Bulle. “Am Anfang wollte ich ihn als absoluten Muffelkopf spielen”, hat Prahl in einem Interview gesagt. “Das war aber nicht gewünscht, denn er sollte ja auch ein Sympathieträger sein. Da muss man sich klar machen, dass man als Schauspieler auch Dienstleister ist.” Das klingt so uneitel, wie er alle seine Figuren spielt.

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