Dr. Mabuse, der Spieler II: Inferno. Ein Spiel von Menschen unserer Zeit

Deutschland 1921/1922 Spielfilm

Dr. Mabuse, der Spieler, 2. Teil


H. W. (= Hans Wollenberg), Lichtbild-Bühne, Nr. 22, 27.5.1922


Ein Ungewöhnliches ward hier Tatsache: Der Film endet literarischer, psychologischer, feiner als der Roman. Hier: Wasserflugzeug – Akrobatik; äußerlicher Kintopp-Knalleffekt. Dort, In Thea von Harbous Kurbelbuch: seelisch-geistiger Kollaps eines Übermenschen, Überverbrechers, Überhypnotiseurs. Ein logischer und innerlich berechtigter Ausklang in Moll – gleichzeitig die stärkste, überzeugendste Spielszene des Hauptdarstellers Klein-Rogge, dem sonst, trotz alter Maskierungskünste, jene Dämonie gebricht, die den Filmschurken zum düster-genialen "Spieler mit Menschen" erheben müßte. Nur zweimal geht sonst dämonisch-unheimliche Wirkung von diesem Mabuse aus (als er überraschend dem Verfolger in dessen eigenem Zimmer gegenübertritt und dann, als er in der Maske des Massensuggestiors Weltmann das Instrument eines Massenauditoriums handhabt); in beiden Szenen hat Langs hervorragende Regietechnik an dieser Wirkungswahl den Hauptanteil. Der Regie und der Photographie (Carl Hoffmann) kann man kein besseres Kompliment machen, als festzustellen, daß sich der zweite Teil absolut auf der brillanten Höhe des ersten hält. In einem Punkte übertrifft er ihn sogar: im Darstellerischen. Und hierbei macht Alfred Abel unbedingt das Rennen, dessen große Szenen, (unterstützt freilich wieder von einer unerhörten Regie- und Aufnahmetechnik) zu den besten filmdarstellerischen Leistungen gehören. Meisterhaft ist auch die Todesszene der Nissen; sehr starke Partien hat Goetzke. Forster-Larringa, Schlettow, John, Huszar liefern Kabinettstücke. Was Hunte und Stahl-Urach an Baukunst im Atelier geleistet haben, verdient höchste Bewunderung.

Ein Wort noch über den Gesamteindruck dieses Mabuse-Films, der, trotz seiner äußeren Zweiteilung, ein organisches Ganzes bildet. Daß hier durch hohe Könnerschaft, durch virtuose Technik im Verein mit künstlerischem Feingefühl etwas Großes und Starkes geschaffen ist, bewies der nachhaltige Eindruck, unter dem der Ufa-Palast an beiden Premierenabenden stand. Der Regisseur Fritz Lang und alle mit ihm arbeitenden Kräfte haben bewiesen, daß ein ganz auf verbrecherische Motive gestellter Film durch die Art der Stoffverarbeitung zu einem Werk von Inhalt werden kann; auch hier heißt es eben: Der Ton macht die Musik.

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