Die Wochenschau in der BRD

Quelle: www.wochenschau-archiv.de
Das Logo der "Neuen Deutschen Wochenschau"
 

Die unmittelbare Nachkriegszeit war in den von westlichen Alliierten (Großbritannien, Frankreich, USA) besetzten Zonen auch geprägt vom Ringen, den Deutschen ein neues Weltgefühl und -bild zu vermitteln. Die letztendlich nationalistischen Propagandainteressen untergeordnete "Deutsche Wochenschau GmbH" fiel unter die Beschränkungen des Besatzungsrechts und durfte keine eigenen Wochenschauen mehr produzieren. Das umfangreiche Archivmaterial wurde zunächst von den Alliierten verwaltet. Letztere unternahmen auch die ersten Anstrengungen, den deutschen Zuschauer mit neuen Wochenschauen zu versorgen. 

Nach Kriegsende

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Beitrag "Westmark für Westberlin" in "Welt im Film" (WIF 201) aus dem Jahr 1949
 

Bereits im Jahre 1945 wurde im französischen Besatzungsgebiet die Wochenschau "Blick in die Welt" mit Sitz in Baden-Baden produziert. Der Lizenznehmer für diese Wochenschau war ein Franzose, die Gesellschafter und Produzenten allerdings von Anfang an Deutsche. Von einer starken französischen Beeinflussung kann man nach Aussagen von Zeitzeugen allerdings nicht ausgehen. Nach Gründung der Bundesrepublik 1949 wurde die Herstellung dieser Wochenschau von der privatrechtlich gegründeten Firma "Deutsche Filmwochenschau Blick in die Welt GmbH" übernommen (ab 1970 mit Sitz in Berlin) und fortgeführt.Im amerikanisch-britischen Besatzungsgebiet wurde mit Sitz in München die Wochenschau "Welt im Film" produziert. Hier lag der Akzent stark auf einer Umerziehung der Deutschen in Richtung einer freiheitlichen, demokratischen und pluralistischen Grundordnung. Die amerikanische Seite bemühte sich um eine gewisse Dominanz. Es wurde auch ein Amerikabild etabliert, welches später als Mythos das Denken der Zeitgenossen für lange Zeit prägte. Die britische Seite zog sich allerdings 1949 aus der Herstellung dieser Wochenschau zurück. Die Amerikaner führten sie vorläufig noch bis 1952, allerdings vor allem auf die Zielgruppe der in Deutschland stationierten US-Soldaten gerichtet, fort. Im Jahre 1949 konnte eine weitere deutsche Wochenschauproduktion etabliert werden. Es kam zur Gründung der Neuen Deutschen Wochenschau GmbH mit Sitz in Hamburg. Die hier produzierte Serie hieß von 1950 bis 1963 "Neue Deutsche Wochenschau". Schwerpunkt der ideologischen Ausrichtung der Nachkriegswochenschauen war zunächst die sogenannte Re-education. Die nationalsozialistische Ideologie sollte durch ein neues Demokratieverständnis ersetzt werden, das Publikum sollte einen neuen Zugriff auf die nationale und internationale Realität erhalten. Ziel war es darüber hinaus, einen Grundstein für eine neue nationale Identitätsfindung zu legen. Hauptthemen waren dabei: Arbeit und Aufbau; die Nürnberger Prozesse; der Beginn des Kalten Krieges.

Die 1950er und 60er Jahre

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Beitrag "Berlin: Wiederwahl von Bundespräsident Theodor Heuss" in "Neue Deutsche Wochenschau" (NDW 234) aus dem Jahr 1954
 

In dieser Zeit kam es teilweise zu strukturellen Veränderungen und längerfristigen Konsolidierungen innerhalb der Wochenschauproduktionen. Im Jahre 1952 übernahm die Deutsche Wochenschau GmbH in Hamburg die Wochenschau "Welt im Film" über das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und stellte die Nachfolgeserie "Welt im Bild" (1952-1956) her. Zwischen 1956 und 1968 hieß diese dann "Ufa-Wochenschau" und wurde dann schließlich von 1968 bis 1977 unter dem Titel "Ufa-Dabei" fortgeführt. Die "Neue Deutsche Wochenschau" firmierte von 1950 bis 1963 unter dem nämlichen Titel und wurde von 1963 bis 1969 unter der Bezeichnung "Zeit unter der Lupe" (in manchen Publikationen als "Zeitlupe" bezeichnet) weitergeführt. Im Jahre 1950 meldete sich auch die "Fox Tönende Wochenschau" auf dem deutschen Markt zurück. Die amerikanische Filmproduktionsfirma Fox hatte Wochenschauen in Deutschland bereits in der Weimarer Republik bis zum Verbot in Nazideutschland vertrieben. Damit wurde "Fox Tönende Wochenschau" in den 1950er Jahren die einzige deutsche Wochenschau, deren Produktion sich auf rein kommerzieller Basis bewegte. Die Mehrheit der Produktion der "Deutschen Wochenschau GmbH" befand sich in Bundeseigentum. Dieser Umstand rief immer wieder Diskussionen hervor, es kam sogar zu Bundestagsdebatten – die Opposition (damals SPD) befürchtete Möglichkeiten einer zu großen Einflussnahme durch die Bundesregierung auf die Medien und zu einer hieraus resultierenden einseitigen Berichterstattung.

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Beitrag "Paris: Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO" in "Neue Deutsche Wochenschau" (NDW 276) aus dem Jahr 1955
 

Die 1950er Jahre standen im Zeichen von Zukunftshoffnung und Aufbruchsstimmung. Die alliierten Besatzungsmächte hielten die Politik der Re-education bald für überflüssig und schränkten auch ihren ideologischen und personellen Einfluss ein. Die Wochenschauredaktionen etablierten ein großes internationales Netz für den Austausch von Nachrichtenmaterialien mit ganz Europa, Asien und Amerika. Man war darum bemüht, einen kaleidoskopartigen Überblick über Ereignisse in der Welt zu geben – über Politik ebenso wie Kultur, Mode oder gesellschaftliche Großveranstaltungen. Besonderes Interesse riefen die Wochenschauberichte über den Aufstand in Ungarn, die gefährliche Krisensituation am Suezkanal oder die Expeditionen in den Weltraum hervor. Jede der westdeutschen Wochenschauen war um Originalität bemüht. Allerdings machte sich bereits in den 1950er Jahren die Konkurrenz des Fernsehens bemerkbar, das oft rascher und präziser auf Ereignisse reagieren konnte.

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Beitrag "Alle Weiber dieses Jahres / Weiberrückblick 1963" in "Ufa - Wochenschau" (UFA 387) aus dem Jahr 1963
 

Von den späten 1950er Jahren an wurden die Wochenschauen zunehmend unpolitischer. Die Kinobesitzer fürchteten bei einer Politiklastigkeit um die Gunst des Publikums und schnitten auch schon mal unliebsame Sujets aus einer Folge heraus. So beschränkte man sich zunehmend auf die Vermeldung des Ereignisses, ohne ausführliche Analysen einzubeziehen. In den 1960er Jahren nahm man verstärkt Kurs auf eine Minimierung der Fernsehkonkurrenz. Die Deutsche Wochenschau GmbH baute dafür sogar eine eigene, starke Dokumentarfilmabteilung auf. Man wollte daraus in der Perspektive eine eigene Fernsehproduktionsfirma gründen. Diese Pläne wurden Anfang der 1970er Jahre wieder aufgegeben. Ein weiterer Schritt war die Umgestaltung des Formats: Man versuchte, von der Magazinform mit 12 bis 13 Beiträgen wegzukommen und stärker monothematisch zu arbeiten. Eine Neuerung bestand im zunehmenden Gewicht der rein redaktionellen Arbeit bei der Wochenschauproduktion. Bisher war vor allem die Tätigkeit des Kameramanns maßgeblich gewesen. In den 1960er Jahren konzentrierte sich das thematische Spektrum vorwiegend auf den Unterhaltungsbereich, wobei man jedoch die Politik immer noch als zentralen Bestandteil betrachtete. Herausragende politische Ereignisse, über die berichtet wurde, waren der Bau der Berliner Mauer, die Studentenunruhen und der Kalte Krieg. Der Anspruch auf eine umfassende Berichterstattung wurde zusehends aufgegeben. Man unterwarf sich immer mehr dem reinen Publikumsgeschmack, wobei man als Zielgruppe nun das junge Kinopublikum avisierte.

Die deutsche Wochenschau in den 1970er Jahren

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Beitrag "Brokdorf: Demonstration gegen Kernkraftwerkbau" in "Ufa - Wochenschau" (UFA 1058) aus dem Jahr 1976
 

Die 1970er Jahre bedeuteten praktisch das Aus für die Mehrheit der deutschen Wochenschauproduktionen. Die Zuschauererwartungen hatten einen grundlegenden Wandel erfahren; das nahezu in allen westdeutschen Haushalten präsente Fernsehen, inzwischen auch mit einem zweiten Programm und einer eigenen Nachrichtensendung, war zum dominierenden Informationsmedium geworden. Die Wochenschauen mit ihrer speziellen Produktions- und Vertriebsstruktur konnten dem gestiegenen Anspruch nach aktueller Information und blitzartigem Reagieren auf Zeitereignisse nicht mehr gerecht werden. Zudem präsentierte das Fernsehen neben den traditionellen Nachrichtensendungen wie "Tagesschau" und "Heute" inzwischen auch feuilletonistische Magazinsendungen, wie etwa "Panorama" (ab 1961). Für die Wochenschau blieb kaum mehr ein eigenständiger Wirkungsbereich. Erschwerend hinzu kam ein drastischer Rückgang der Filmtheaterbesucher. Die Kinobesitzer verzichteten zunehmend auf den Einsatz der Wochenschauen, die mehr und mehr zu einem finanziellen Verlustgeschäft wurden. Eine Verpflichtung zur Wochenschaupräsentation bestand in Deutschland nicht. Der Bund zog sich darüber hinaus aus der Subventionierung der Wochenschauen zurück. Das Ende der drei auf dem westdeutschen Markt verbliebenen Wochenschauen gestaltete sich wie folgt: Die Deutsche Wochenschau GmbH in Hamburg stellte im Jahre 1977 die "Ufa-Dabei" ein, die von den Amerikanern produzierte "Fox Tönende Wochenschau" zog sich im Jahre 1978 aus dem Deutschlandgeschäft zurück, die Wochenschau "Blick in die Welt" stellte erst 1986 ihr Erscheinen ein. Letztere hatte lange versucht, durch die Integration unterhaltsamer Elemente – vor allem durch Humor – ihre Stellung in den Kinotheatern zu halten. Die in andere Richtungen orientierte Entwicklung der Medienkultur indes ließ sich nicht aufhalten. Eine Ära der Mediengeschichte fand damit in der Bundesrepublik ihr Ende. Die detaillierte historische Aufarbeitung der Wochenschauproduktionen in Deutschland mit allen ihren institutionellen und persönlichen Verflechtungen steht noch aus. Sie könnte einst Auskunft geben über die Entwicklung aktueller Berichterstattung zwischen politischer Einflussnahme und Selbstbehauptung.