Der Mann in den Birken. Das sagenhafte Leben des Jurij Brězan

Deutschland 2000/2016 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
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„Ich bin ein Schelm seit 50 Jahren“ bekennt Jurij Brězan gleich zu Beginn des 30-minütigen Kurz-Spielfilms aus der Reihe „Lebensläufe“ des Mitteldeutschen Rundfunks. Und: „Der Name bedeutet nichts als der Mann, der in den Birken lebt.“ Geboren am 9. Juni 1916 in Räckelwitz, einem Dorf unweit von Bautzen, und gestorben am 12. März 2006 in Kamenz, einer Stadt vor den Toren Dresdens, ist seine Familie seit dem 17. Jahrhundert in der Oberlausitz beheimatet. Der international erfolgreiche und vielfach geehrte Autor und Schriftsteller-Funktionär, dessen Werke in 25 Sprachen übersetzt worden sind, ist naturgemäß sein ganzes Leben mit den sorbischen Sagen und Märchen vertraut gewesen, seine bekanntesten Werke sind die Märchenerzählung „Die Schwarze Mühle“ (1968) sowie die beiden Romane „Krabat oder: Die Verwandlung der Welt“ (1976) und „Krabat oder: Die Bewahrung der Welt“ (1993).

René Römers Film kann aus elf Stunden Rohmaterial schöpfen, die im Sommer 2000 entstanden sind. Der damals 84-jährige Jurij Brězan wandert, von Henrik Flemmings Kamera begleitet, durch Zeit und Raum seiner Heimat. Aufgewachsen in einer einfachen Kate mit vier jüngeren Schwestern, zwei Kühen und dreieinhalb Hektar bewirtschaftetem Boden, erinnert er sich, wie er als 15-Jähriger zunächst mit seinem 1918 aus dem Krieg heimgekehrten arbeitslosen Vater fremdelte. Erst als er die zerschlissenen Hände des im Granit-Steinbruch hart schuftenden Ernährers der Familie sah, wurden Vater und Sohn Freunde. Sein Lieblingsspielzeug als Kind waren kleine aus Borken- und Rindenstücken gebastelten Schiffe. Brězan bezeichnet sein extensives Schreiben als Fortsetzung des Lieblingsspielzeugs: „Nun waren die Worte die Schiffe. Sie befahren die Weltmeere der Phantasie, ziellos aber nicht nutzlos. Der Sinn lag darin, dass sie fuhren.“

Mit einem Stipendium des Domkapitels konnte er, eine absolute Ausnahme unter den Kindern der rund 60.000 Lausitzer Sorben, das Humanistische Gymnasium in Bautzen besuchen. Seine (Gefängnis-) Erfahrungen mit dem Terrorregime der Nationalsozialisten und dem Holocaust an der weißrussischen Ostfront hat ihn zu einem Antifaschisten und SED-Sozialisten werden lassen, aber auch zu einem bewussten Sorben: Bereits 1945 wurde der Jugendfunktionär des Dachverbandes Domowina Mitbegründer des sorbischen Jugendverbandes Serbska młodźina, von 1969 bis 1989 war Jurij Brězan Vizepräsident des Schriftstellerverbandes der DDR. Wie er zum Schreiben gekommen ist? Er musste seinen Schwestern immer neue Märchen als Einschlafhilfe erzählen. Wort für Wort hat er Träume zu Papier gebracht – bis zuletzt mit der Hand auf einem linierten Block. Weil den Poeten an der Schreibmaschine das Geklapper störte und dem analytischen Denker angeblich die Intelligenz fehlte für den Computer.

Nach dem Krebstod sowohl seiner Gattin als auch seines Sohnes hat Jurij Brězan, der den eigenen Garten stets als Quelle seiner Vitalität verstand, seinem Enkel mit auf den Weg gegeben: „Es gibt eine Verpflichtung zum Leben.“ Sein Weg war drei Monate vor seinem 90. Geburtstag zu Ende. In Westdeutschland weit weniger bekannt als in der früheren DDR, hat Marco Kreuzpainter für seinen „Krabat“-Spielfilm 2008 auch nicht Brězans Romane adaptiert, sondern das Jugendbuch von Otfried Preußler aus dem Jahr 1971. René Römers Dokumentation „Der Mann in den Birken - Das sagenhafte Leben des Jurij Brězan“, eine Auftragsproduktion der Berliner Stefan Reiss Film für das MDR-Fernsehen zum einhunderdsten Geburtstag des bekanntesten sorbischen Dichters, setzt ihm wie der Landschaft seiner Oberlausitz ein längst überfälliges Denkmal.

Pitt Herrmann

Credits

Director

Director of photography

Producer

All Credits

Director

Director of photography

Participation

Producer

Shoot

    • 2000 [Sommer]
Duration:
30 min
Video/Audio:
Farbe, Stereo
Screening:

Aufführung (DE): 11.05.2017, Großhennersdorf, Neiße Film Festival

Titles

  • Originaltitel (DE) Der Mann in den Birken. Das sagenhafte Leben des Jurij Brězan

Versions

Original

Duration:
30 min
Video/Audio:
Farbe, Stereo
Screening:

Aufführung (DE): 11.05.2017, Großhennersdorf, Neiße Film Festival