Dancing Pina

Deutschland 2019-2022 Dokumentarfilm

Summary

A film you wish will never come to an end. The camera follows two re-enactments of Pina Bausch’s work. One thing was always close to the celebrated dancer’s heart: her choreography should live. The new dancers sweat, feel, cry and work hard. In their movements, it becomes clear what makes Pina’s work so exceptional: its truthfulness.

Source: DOK.fest München 2022 / Daniela Graf

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Heinz17herne
Heinz17herne
In der Wuppertaler „Lichtburg“, einem ehemaligen Kino, in dem in den 1970er Jahren durch Improvisationen Pina Bauschs mit ihrer Compagnie die großen Welterfolge entstanden, an diesem mythischen Ort erinnern sich zwei Frauen an ihre Arbeit mit der vor zehn Jahren verstorbenen Choreographin: Malou Airaudo, 1974 die erste „Iphigenie“ Pina Bausch. Die es ein Vierteljahrhundert lang bis zu ihrem 50. Geburtstag geblieben ist. Und ihre ehemalige Schülerin Clémentine Deluy, die 2014 die Titelrolle zur Musik der 1779 in Paris uraufgeführten Oper „Iphigenie en Tauride“ Willibald Glucks übernahm und nun die Choreographie an die Compagnie der Semperoper Dresden weitergibt.

Nur wenige alltägliche Requisiten unterstützen die tragisch vorgezeichnete Handlung: ein Holztisch, der sowohl als Tafel als auch als Opferaltar dient, ein paar Stühle und Leitern. Anrührend hatte Pina Bausch die Verbundenheit zwischen den beiden Freunden Orest und Pylades ebenso wie die Gewissensnot Iphigenies choreographiert und mit der „Tanzoper“ ein neues Genre ins Leben gerufen. Bisher ausschließlich vom Tanztheater Wuppertal aufgeführt, ist das Ballett der Semperoper die erste fremde Company, der die Pina Bausch Foundation „Iphigenie auf Tauris“ anvertraut. Eine Herausforderung für die Protagonisten wie die Südkoreanerin Sangeun Lee als Iphigenie und den US-Amerikaner Julian Amir Lacey als Pylades, die ganz offen über die enormen Unterschiede zu ihrer ganz auf Pose, Perfektion und Eleganz ausgerichteten klassischen Ausbildung und ihrer bisherigen künstlerischen Arbeit sprechen – und über Probleme und Vorurteile gegenüber ihrem Beruf in ihren jeweiligen Heimatländern.

Das gilt in noch größerem Maße für zwei Mitglieder eines vielköpfigen Ensembles aus 14 afrikanischen Ländern, die sich unter der künstlerischen Leitung der ehemaligen Wuppertaler Tänzer Josephine Ann Endicot und Jorge Puerta Armenta im Senegal, in der neuerrichteten École des Sables in einem kleinen Fischerdorf in der Nähe von Dakar, Pina Bauschs „Das Frühlingsgsopfer“ annähern: Franne Christie Dossou aus Benin und Gloria Ugwarelojo Biachi aus Nigeria werden von ihren Familien und den vielfach noch archaischen Gesellschaften ihrer Heimatländer nicht nur als Außenseiterinnen diskriminiert, sondern als Tänzerinnen auf eine soziale Stufe mit Prostituierten gestellt.

Als Igor Strawinskys Musik „Le sacre du printemps“, das heute als Schlüsselwerk der Musik des 20. Jahrhunderts gilt, am 29. Mai 1913 im gerade eröffneten Théâtre des Champs-Élysées mit einer Choreographie von Vaslav Nijinsky uraufgeführt wurde, sprach ganz Paris vom größten Skandal der Musikgeschichte. Als Pina Bauschs Choreographie 1975 im Wuppertaler Opernhaus das Licht der Tanzwelt erblickte, hatte die Musik von ihrer elementaren Wucht nichts eingebüßt. Aber die Geschichte hatte sich gewandelt: aus den Frühlingsritualen im heidnischen Russland war ein Kampf der Geschlechter geworden – bewusst auf einem Torfboden ausgetragen, der den Tänzern keinen sicheren Halt geben konnte.

In der 1998 von Germaine Acogny, die als „Mutter des zeitgenössischen afrikanischen Tanzes“ gilt, und ihrem Ehemann Helmut Vogt gegründeten École des Sables geht es nicht um eine Kopie der knapp 50 Jahre alten Arbeit Pina Bauschs, sondern um eine ganz persönliche Annäherung an Bewegungen, die wie Buchstaben gelesen werden sollen ohne Hintergründe zur oder Interpretationen der ursprünglichen Arbeit. Kaum jemand hat eine Ballettschule besucht, aber alle haben Verbindungen zum traditionellen afrikanischen Tanz. Diese gilt es nun in die europäische Choreographie einzubringen. Als pandemiebedingt am Ende der Probenphase die Premiere in Dakar und die folgende Europa-Tournee abgesagt wird, organisiert das Team eine spontane Premiere am Strand des Fischerdorfes Toubab Dialaow vor dem Hintergrund des Sonnenuntergangs am Atlantik. Pina Bausch hätte das gefallen!

„Dancing Pina“ feiert die zeitlose Kunst der legendären Choreographin Pina Bausch, die nie viel über ihre Ideen sprach, sondern ihre Tänzer machen ließ. Die dafür heute umso mehr sprechen müssen, um ihre Erfahrungen an nachfolgende Generationen weitergeben zu können. Erfahrungen, die durch die reine Anschauung vorhandenen Videomaterials der Bausch-Choreographien nicht ersetzt, nur ergänzt werden können. Die universelle Kraft des Tanzes macht es möglich, dass Künstler, die vom Streetdance, klassischen Ballett sowie traditionellen und zeitgenössischen afrikanischen Tänzen kommen, Pina Bauschs Werk verändern, während dieses sie selbst verändert.

Florian Heinzen-Ziob im Mindjazz-Presseheft: „‘Wir sind das Stück‘, hat Pina mal gesagt. Und so eignen sich die Tänzer:innen die Choreographie nicht nur an, sondern verändern sie auch. Dieses Spannungsfeld, zwischen den Erinnerungen der vorherigen Generation und der Interpretation der jetzigen Tänzer:innen, die in einem sehr eng gefassten Rahmen, einen persönlichen künstlerischen Ausdruck suchen, hat mich fasziniert.“

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Titles

  • Originaltitel (DE) Dancing Pina
  • Arbeitstitel Saving Pina

Versions

Original

Duration:
116 min
Format:
DCP 2k, 1:1,78
Video/Audio:
Farbe, Dolby
Censorship/Age rating:

FSK-Prüfung (DE): 19.04.2022, 213315, ohne Altersbeschränkung / feiertagsfrei

Screening:

Uraufführung (DE): 06.05.2022, München, DOK.fest;
Kinostart (DE): 15.09.2022

Awards

FBW 2022
  • Prädikat: besonders wertvoll