Altes Herz geht auf die Reise

DDR 1986 TV-Film

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Heinz17herne
Heinz17herne
Der seit 16 Jahren pensionierte Schulprofessor Gotthold Kittguß (Horst Schulze) führt in seinem Haus im Berliner Nicolaiviertel ein beschauliches Leben. Der so belesene wie weltfremde alte Hagestolz lässt sich von seiner Haushälterin, der Witwe Müller (Ulrike Hanke-Hänsch), versorgen und braucht sich um das Alltägliche nicht zu kümmern. Kaum, dass er einmal die eigenen vier Wände verlässt, hockt er die meiste Zeit über seinen Büchern – und spricht über das Gelesene mit sich selbst. Weshalb es schon etwas Ungewöhnliches ist, als ein fremder Junge, der weder seinen Namen noch den Ort seiner Herkunft verraten will, in der Tür steht.

Wie wir später erfahren, heißt er Philipp (Christian Wille) und ist Knecht auf dem Schlieker-Hof im kleinen mecklenburgischen Ort Unsadel. Der eigentlich Thürke-Hof heißen müsste. Weil ihn Gottholds inzwischen verstorbener Studienfreund, Pastor Thürke, seiner Tochter Rosemarie (Gabriela Geißler) vermacht hat, dem inzwischen 17-jährigen Patenkind des Professors. An ihn gerichtet ist ein schriftlicher Hilferuf des Mädchens mit dem Hinweis auf eine Bibelstelle, Matthäus VII,7: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“

Also macht sich der Professor, der, solange die Witwe Müller zurückdenken kann, noch nie mit der Eisenbahn gefahren ist, auf die Reise nach Kriwitz. Wo ihm der Wachtmeister Brummig (Ernst-Georg Schwill) den sicherlich gut einstündigen Fußweg nach Unsadel weist. Zum Glück findet Kittguß einen Bauern mit Pferdegespann, der ihn ein Stück des Weges mitnehmen kann. Am Dorfeingang kommt ihm Philipp entgegen, um ihn vor den Pflegeeltern Rosemaries, welche hier nur Marie gerufen wird, warnen. In der Tat wird der Gast aus Berlin von Paul (Horst Rehberg) und Mali Schlieker (Renate Geißler) höchst unfreundlich empfangen.

Die den als „alter Stänkerer“ beschimpften Professor, der sich entsetzt darüber zeigt, dass die ungehobelten Bauern Thürkes kostbare Erstausgaben zum Feuermachen benutzen, kurzerhand in ein Kellerloch sperren unter dem Vorwand, ihm einen Platz zum Ausruhen von der beschwerlichen Reise zu verschaffen. Müssen beide, die außerdem noch fünf Kleinkinder in Pflege haben, doch befürchten, dass herauskommt, wie schlecht sie Marie behandeln, deren Erbteil sie nach und nach an sich bringen wollen. Letztere kann ihren Paten befreien und zu einer verwaisten Fischerhütte rudern, die ihren früheren Pflegeeltern, Wilhelm Gau (Wolfgang Dehler) und seiner Frau (Karin Kellermann-Bräuning), gehört.

Marie zeigt sich enttäuscht vom weltfremd-entrückten Gotthold Kittguß: der habe doch früher Schulklassen mit dreißig, vierzig Jungs geführt, weshalb sie auf männlichen Beistand gehofft habe. Nun bliebe ihr nur noch eine Hoffnung: dass er offiziell ihre Vormundschaft übernimmt und ihr Erbe den Händen der Schliekers entreißt. Was so einfach nicht wird, denn mit krimineller Energie weiß sich der bauernschlaue Paul immer wieder bei den Behörden aus der Schusslinie zu ziehen. Selbst als ein halbes Dutzend Diakonissinnen (darunter Ruth Kommerell) den Gendarm Kneist (Michael Telloke) bemühen müssen, um ihre Pflegekinder abholen zu können. Paul geht beim Vormundschaftsrichter, Amtsgerichtsrat Schulz (Hans-Joachim Hanisch), zum Gegenangriff über und denunziert den Professor als „Lustgreis“, der es auf Rosemarie abgesehen habe.

Diese hat sich selbstlos auch für die anderen Kinder des Dorfes einsetzt, was ihr nun hilft bei der heimlichen Beobachtung des Schlieker-Ehepaars. Selbst Otsche Gau (Alexander May), der Sohn ihres früheren Pflegevaters, mit dem sie damals manchen Streit ausgefochten hat, ist auf ihrer Seite und bringt Maries wenige Habseligkeiten in die Fischerhütte. Was Paul Schlieker bemerkt hat und sich bei Wilhelm Gau beschwert, der seinem Sohn zwar sogleich Dresche androht, insgeheim aber stolz ist auf dessen uneigennützige Hilfsbereitschaft und Verschwiegenheit.

Nachdem der zerstreute Professor der Linden-Wirtin (Angela Brunner) die 75 Pfennig fürs Frühstück schuldig bleiben muss, weil er Marie seine ganze Barschaft übergeben hat, welche Paul Schlieker inzwischen aus ihrem Bett in der Hütte gestohlen hat, muss Amtsgerichtsrat Schulz einschreiten. Der hat inzwischen vom jungen Dorfarzt Dr. Kimmknirsch (Erwin Berner) die wahren Hintergründe der Anwesenheit des Berliner Pensionisten in Unsadel erfahren und plädiert für eine gütliche finanzielle Einigung mit den Schliekers. Wozu Gotthold Kittguß sogleich bereit ist. Als er aus der Hauptstadt mit der nötigen Barschaft zurückkehrt, steht der Schlieker-Hof in Flammen: die unter Epilepsie leidende Mali hat das Feuer aus Verzweiflung über die Bösartigkeit ihres egoistischen Gatten gelegt.

Ein Jahr später lässt der Professor groß auffahren. Er ist in Unsadel heimisch geworden, freut sich über die Anhänglichkeit der Dorfkinder und das Wohlwollen der Honoratioren und kann sich vor allem nützlich machen. Der Bücherwurm ist zurück im Leben und lauscht gern unter dem Klassenzimmerfenster, wenn der Dorflehrer (Siegfried Leonhardt) in der Gesangsstunde selbst zur Violine greift. Und die Witwe Bimm (Ruth Glöss) kann als auf Reputation bedachte Vermieterin des Arztes bald die empörte Miene glätten: zwischen Dr. Kimmknirsch und Marie bahnt sich etwas an…

Hans Knötzsch hat den im Jahr 1912 spielenden und 1936 im Rowohlt-Verlag erschienenen Roman „Altes Herz geht auf die Reise“ von Hans Fallada auf die Kerngeschichte reduziert und mit immer wieder wörtlichen Übernahmen sehr nahe am Original adaptiert (Kamera: Horst Hardt). Die knapp 80-minütige Defa-Produktion (PL Horst Dau) für das Fernsehen der DDR ist dort am 23. August 1987 erstausgestrahlt worden.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Screening:

Uraufführung (DD): 23.08.1987, DDR-TV

Titles

  • Originaltitel (DD) Altes Herz geht auf die Reise

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Original

Screening:

Uraufführung (DD): 23.08.1987, DDR-TV