X-Filme

Die ersten Jahre der X-Familie
Quelle: X-Filme-Creative Pool
Das Firmenlogo: X-Filme-Creative Pool
 

Berlin, August 1994: Die drei Regisseure Wolfgang Becker, Dani Levy, Tom Tykwer und der Filmwirtschaftler Stefan Arndt gründen gemeinsam die Produktionsfirma X-Filme Creative Pool.Ziel ist, die Isolation von Regisseuren, Autoren und Produzenten zu überwinden. Zehn Jahre später sind X-Filme durch den eigenen X-Verleih immens gewachsen, haben mit "Lola rennt" das junge deutsche Kino international hoffähig gemacht und konnten zuletzt mit "Good Bye, Lenin!" der eigenen Erfolgsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzufügen.

 

 

Vier Cineasten – eine Firmenidee

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
Tom Tykwer (links) bei den Dreharbeiten zu "Winterschläfer"
 

"1994 war der absolute Tiefpunkt des deutschen Films, sowohl was den Marktanteil als auch die Inhalte betraf", erinnert sich Wolfgang Becker,"da haben sich etliche Berliner Regisseure regelmäßig getroffen, um über die Problematik zu reden – das war teilweise konstruktiv, teilweise auch eine Jammerbude. Es war auch eine Zeit der Verzettelung, die mit der Gründung von X-Filme ihr Ende fand." Zwei Jahre zuvor hatten Stefan Arndt und Tom Tykwer für die Realisierung von Tykwers Regiedebüt "Die tödliche Maria" bereits die Produktionsfirma Liebesfilm gegründet, bevor sie mit Becker und Dani Levy den kreativen und finanziellen Zusammenschluss wagten. Und schon im Dezember 1994 begannen die Dreharbeiten zum ersten X-Film, Dani Levys "Stille Nacht". Kurz nach Fertigstellung wurde die X-Familie um die Produzentin Maria Köpf erweitert.

Baustelle Kino

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
Jürgen Vogel und Christiane Paul in "Das Leben ist eine Baustelle"
 

"Wir sind nicht auf der deutschen Komödienwelle mitgeschwommen oder haben Remakes von deutschen Filmen hergestellt. Wir suchen authentische Stoffe, die in Deutschland spielen oder mit Deutschland zu tun haben, aber international funktionieren", so Stefan Arndt. Mit Wolfgang Beckers "Das Leben ist eine Baustelle" liefert X-Filme 1997 einen frühen Beleg dieser ambitionierten Firmenphilosophie. Die tragikomische Großstadtballade mit Jürgen Vogel und Christiane Paul wird ein Erfolg bei der nationalen wie der internationalen Kritik und findet ein begeistertes Kinopublikum, das empfänglich für neue, unkonventionelle Filmerzählungen scheint. Den überwältigenden Beweis für diese These tritt ein weiterer X-Film an, dessen Produktion 1997 beginnt und der die deutsche Filmlandschaft nachhaltig verändern sollte: "Lola rennt".

Lola rennt um die Welt

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
Franka Potente in "Lola rennt"
 

Nach seinem ebenso suggestiven wie strengen Melodram "Winterschläfer" wollte Tom Tykwer einen Film machen, der sämtliche Gestaltungsmittel des Kinos spielerisch ausschöpft. Zu diesem Zweck erfand er die Geschichte der rothaarigen Lola, verkörpert von Franka Potente, deren dramatischer Dauerlauf durch das wiedervereinte Berlin bei Kritik und Kinobesuchern gleichermaßen zum ungeahnten Erfolg geriet. "Lola rennt" wurde zum internationalen Phänomen, das mit seiner mitreißenden Verve die Sprachbarrieren und Vorurteile gegenüber dem deutschen Kino überwandt. Schon bald rannte die vielfach preisgekrönte rote Lola um den Globus, was die weltweiten Verleihangaben eindrucksvoll belegen. Franka Potente stieg in der ikonenhaften Rolle zum Star auf, während sich für Tom Tykwer und X-Filme die Tür nach Hollywood – und damit zum internationalen Markt – öffnete.

X2 – Produktion und Verleih

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
"Absolute Giganten": Frank Giering, Antoine Monot jr., Florian Lukas (v.l.n.r.)
 

Trotz des überwältigenden Erfolgs blieben die X-Filmer weiterhin Verfechter eines modernen, ebenso künstlerischen wie kommerziellen Gesichtspunkten genügenden Autorenkinos. Nunmehr förderte die Firma auch neue Talente wie Sebastian Schipper, dessen viel beachtetes Debüt "Absolute Giganten" im Jahr 1999 seine Premiere feierte. Die veränderte Wirtschaftslage sowie die vermehrte Zahl der Produktionen führte zur öffentlichkeitswirksamen Gründung des firmeneigenen X-Verleihs während der Berlinale 2000. Im September desselben Jahres stieg die Senator AG als Gesellschafter ein. X-Filme steigerte so seinen Output und nahm erstmals auch Fremdproduktionen in den Verleih. Doch die Expansion war auch mit Risiken verbunden, zumal kostenintensive Produktionen wie "Der Krieger und die Kaiserin" und "Heaven" trotz durchaus positiver Resonanz nicht an die vorherigen kommerziellen Erfolge anknüpfen konnten. Und auch der Zusammenbruch des Neuen Markts traf X-Filme Creative Pool so wie viele andere im Filmgeschäft tätige Firmen.

Mit Lenin aus der Krise

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
Daniel Brühl in "Good Bye, Lenin!"
 

Im Dezember 2001 begann X-Filme die Dreharbeiten zu "Good Bye, Lenin!". Mit Daniel Brühl und Katrin Saß – die bereits mit der vergleichsweise "kleinen" X-Produktion "Heidi M." ein beachtenswertes Comeback hatte feiern können – in den Hauptrollen machte sich Regisseur Wolfgang Becker an seine anrührend-komische Vision von 79 Quadratmeter DDR, auf denen nach der Wende für kurze Zeit das sozialistische Deutschland aus den Ruinen aufersteht. 2003 nahm der Film im Wettbewerb der Berlinale teil, doch kaum jemand rechnete mit dem überwältigenden Erfolg, der "Good Bye, Lenin!" im In- und Ausland beschieden sein sollte: Nach über 6,6 Millionen Kinobesuchern allein in Deutschland und zahllosen Auszeichnungen für diesen deutsch-deutschen Autoren-Blockbuster war der Markenname X-Filme wieder so positiv besetzt wie zu den Zeiten von "Lola rennt".

Absolute Giganten?

Quelle: X-Filme Creative Pool, DIF
"Was nützt die Liebe in Gedanken": Anna Maria Mühe, Jana Palaske
 

Das Jahr 2004 begann für X-Filme mit dem historischen Jugenddrama "Was nützt die Liebe in Gedanken". Es folgten ein neuer Film von Oskar Roehler"Agnes und seine Brüder" –, die Komödie "Alles auf Zucker!" von X-Filme-Gründer Dani Levy, Ayşe Polats preisgekröntes Jugend- und Migrationsdrama "En Garde", und auch Sebastian Schipper arbeitet bereits intensiv an seinem zweiten Spielfilm für X-Filme. Nach zehn Jahren im wechselvollen Filmgeschäft geht die X-Familie gestärkt aus der Krise und versucht weiterhin, ihr Verständnis neuer deutscher Filmproduktionen national und international zu etablieren.

Zit. nach: Michael Töteberg (Hg.): "Szenenwechsel. Momentaufnahmen des jungen deutschen Films". Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1999