Lola und Bilidikid

Deutschland 1997/1998 Spielfilm

Lola und Bilidikid



Wilhelm Roth, epd Film, Nr. 3, März 1999


Schwule Türken in Berlin. Nächtliche Treffs in dunklen Parks, in Bars und Toiletten. Schwermütige Bilder und schrille Einlagen. In der ersten Hälfte ist der Film sehr unausgeglichen inszeniert, hektisch wechselt er zwischen den Schauplätzen, ein Interesse für die Personen kann da kaum aufkommen. Der sanftmütige, immer so traurig aussehende Murat, der ein wenig ältere Junge, der sich Lola nennt und in einer Travestieshow auftritt, Bili, Lolas Freund, der mit seinem Namen natürlich auf den Westernhelden Billy the Kid verweist, ein Machoschwuler, der eigentlich von einer Familie träumt, oder Osman, der altere Bruder Murats, ein Macho der anderen Art, der als Oberhaupt die Familie tyrannisiert – sie alle bleiben zunächst im Bereich des Klischees.

Interessanter wird der Film in der zweiten Hälfte, wenn man erfährt, dass Murat und Lola Brüder sind. Lola wurde als Außenseiter aus der Familie verstoßen. Murat wusste gar nichts von ihm und lernt ihn erst im Laufe der Filmhandlung kennen. Eine Familiengeschichte also von einiger Wucht und Tragik, die sich, auch angeheizt durch Personen aus dem Umfeld, in einem Melodram entlädt. Zum Spektakel wird der große Showdown, drei Türken gegen drei Deutsche, Schwule gegen Normalos, Messer gegen Revolver. Nur Murat und einer der Deutschen überleben, der – eine gewisse Ironie – auch schwul ist, heimlich allerdings. Das Ende des Films gehört Murat, der langsam erwachsen wird, in der Familie und als Schwuler.

Wie in vielen Tragödien gibt es neben der dramatischen Spannung auch die komische Entlastung. Friedrich, ein reicher deutscher Architekt, hat sich den Strichjungen Iskender angelacht, den vor allem Friedrichs Oldtimer-Cabrio interessiert. Der vornehme Architekt und seine Mutter, gespielt von Inge Keller, der Grand Old Lady des Deutschen Theaters in Berlin, die noch vornehmer und hochmütiger tut als ihr Sohn, aber mit mehr gesundem Menschenverstand ausgestattet als man am Anfang glaubt, geben ein prächtiges Boulevardpaar ab, da sitzen auch die Dialogpointen.

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