Der alte Fritz. 1. Friede

Deutschland 1927/1928 Spielfilm

Der alte Fritz. 1. Friede


Ernst Jäger, Film-Kurier, Nr. 4, 4.1.1928


Das Filmprogramm nennt für den 1. Teil des "Alten-Fritz"-Films siebzig Mitwirkende, hunderte verschweigt es, die Leistung aller tritt zurück hinter die Gesinnung des Films, hinter den Ernst der Fabrikationsweise, die Achtung verdienen.

Man wagt sich hier an die Aufgabe, das Dasein und Ende dieses Einzig-Einsamen sichtbar zu machen, die Legende des Königgenies Fridericus durch das Phänomen Gebühr vor Augen zu führen.

Kein Langer-Kerls-Kult wird in diesem 1. Teil gezeigt, kein Paradeheroismus wird aufs Postament erhoben, nicht Preußen, keineswegs das Hohenzollerntum und nicht einmal der Militarismus erhält sein Filmhymne gedichtet.

Man will nur die einzigartige Erscheinung eines Mannes, der König war von Preußen, reproduzieren. Der Film stellt sich jenseits von "links" und "rechts". Er ist wirklich untendenziös.

Das schlägt sogar zum Nachteil aus. Man vermied jede Sensation, man hütete sich irgendwie zu übertreiben, man beschränkte sich auf eine karge Historienmalerei; nein nicht einmal "Malerei"; man betrieb eine Art Tatsachenphotographie, Kameraaufnahmen von allerlei möglichen und sehr wahrscheinlichen Lebensepisoden des preußischen Königs.

Gesamteindruck daher: ehrliche Arbeit, enorm anständige Gesinnung, aber wenig Inspiration, kein geistiger Impetus. Es riecht wie in einer Desinfektionsanstalt. Man hat aus des Königs Rock die chauvinistischen Motten, die liebe Brut der Ironie, das Ungeziefer der Skepsis oder der sentimentalen Lyrismen entfernt – es bleibt ein schlichtes Rocktuch. So gründliche Desinfektionsarbeit hat man mit dem chemischen Produkt der reinen Vernunft angestellt.

Es gibt eine Leidenschaft (ohne Schmalz und Pathos), eine Leidenschaft, ohne die kein Künstler wirken kann. Bei diesem Film spürt man sie kaum, die Sachlichkeit erdrückt sie. (...)

Den Erfolg des Films entscheidet Otto Gebühr.

Man vergißt, daß sein Erscheinen im Film aus "Auftritten" besteht: er ist der Alte Fritz, man zweifelt gar nicht daran. Klein, krumm, böse; geschickt variierend das Mephistophelische mit dem Gnadenreichen.

Man muß den Film um Gebührs willen sehen; dieser ekstatische Schauspieler ist eine Sondererscheinung unter allen Filmmimen der Erde. Bestimmt eine Abnormität, bestimmt aber auch eine so ausgeprägte Individualität, ein so fanatischer Festspielschauspieler, wie kein zweiter. Sein Bayreuth heißt Potsdam. Dabei ist sein Spiel ohne Meiningerei. Er hat mit allen großen Gestaltern die Diskretion gemein. Er schreitet Fronten ab, begrüßt Kaiser und Untertanen, so leicht hin wie Grock vom Flügel rutscht. Denn dieser Schauspieler Gebühr hat den Funken.

Das Ensemble hat Lamprecht völlig "starlos" gemacht. Ohne jede Konzession an die Lieblinge des Publikums. Ein Plus seines Werkes. (...)

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