Unheimliche Geschichten

Deutschland 1932 Spielfilm

Unheimliche Geschichten



L. H. E., Film-Kurier, Nr. 212, 8.9.1932


Richard Oswald hat seine "Unheimlichen Geschichten", mit denen er sich dereinst den Erfolg in der Stummfilmzeit holte, für den Tonfilm umgeformt, mit Glück wieder aufgenommen.

Das Übersinnliche, Grausige, das der Film mit optischen Mitteln erfaßt, kann der Ton ausbauen. Oswald ist sparsam mit diesem Ton (für den Fritz Seeger hier sorgte) umgegangen; so vermeidet er, daß Grauen sich jemals in Komik verwandelt. (...)

Am stärksten konzipiert sich die Abendgesellschaft der Irren; Oswald sucht keine Übertreibungen, Überspitzungen, er läßt die Darsteller sich nur um jene einzige Nuance in den Seelenzustand hineinsteigern, der die im Geist Verrückten von den Gesunden trennt. Und gerade auf diesem Wege wird, ohne den Abweg ins Abstrakte, eine Verzerrtheit lebender Marionetten erreicht, die bestimmend ist. (Das Lied eines irren Mädchens, das klagend und langgezogen, unmotiviert irgendwo abbricht, zeigt was in dieser Atmosphäre der Ton, richtig eingesetzt, vermag.) (...)

Wiedersehen mit Paul Wegener; voll Eindringlichkeit ist sein Kopf, seine Dämonie hat nie etwas Billiges, das Menschliche bleibt gewahrt. Es haftet seine riesige Form, die Golem-Wucht von einst ist fürs Heute umgewandelt, – der Film hat ihn wieder. (Dem Mikrophon wird dieser denkende Künstler Sprechabtönungen noch stärker abzwingen.)


Harald Paulsen spielt hier seinen gewohnten Forschen, Unentwegten aus dem Handgelenk gleichsam. Auf ein paar Augenblicke rührt Blandine Ebinger als Selbstmordkandidatin mit dem Stich ins Pathologische; Roma Bahn; Mary Parker, Bienert, Paul Henckels, John Gottowt, Carl Meinhard, Michael von Newlinski, Hans Behal, Ferdinand Hart, Heinrich Heilinger, de Kowa geben abgewogene Leistungen.

In unserer Zeit, die sich trotz der Neusachlichkeit immer wieder mit transzendentalen Dingen befaßt, hat der Film des Unheimlichen seine Auferstehung gefunden. Es gibt viele Wege für die, die ausziehen, das Gruseln zu lehren (Dreyers "Vampyr" und Amerikas "Frankenstein" haben es vor kurzem offenbart).

Oswald ist mit seinem Gefühl für Publikumswirkung und Spannung, das bewies der gestrige Beifall, den für ihn richtigen Weg gegangen.

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