Die Herrin der Welt, Teil 2 - Die Geschichte der Maud Gregaards

Deutschland 1919 Spielfilm

Die Herrin der Welt, 2. Teil


rd, Berliner Börsen-Courier, Nr. 583, 14.12.1919


In den Ufa-Lichtspielen Tauentzienpalast wird jetzt der zweite Teil des May-Filmzyklus "Die Herrin der Welt" gedreht. Er steht zeitlich vor dem ersten Teil – er steht an Wirkung weit hinter ihm zurück. Diese "Geschichte der Maud Gregaards" ist der normale Feld-, Wald- und Wiesenfilm, dem keine Phantasie Schwung gab, und der nicht von Überraschungen zu Steigerungen führt, wohl aber das psychologische Moment zu kurz kommen läßt.

Im ersten Teil war die schöne Maud, die auf ein Inserat hin nach Kanton gegangen war, dort in ein Freudenhaus geraten, aus dem ein Reisegefährte, ein Chinese mit dem Doktortitel einer europäischen Universität, sie befreit hatte. Dieses Filmwerk hatte den Vorzug, daß es ein täuschend nachgeahmtes, mit echten Chinesen bevölkertes Kanton aus der Umgegend Potsdams zeigte, und daß es wenigstens gegen den Schluß hin die Handlung zur Spannung starken äußeren Geschehens aufpeitschte. Der chinesische Doktor hat Maud gerettet – das warme Interesse, das er ihr zeigt, nötigt sie, ihm (im zweiten Teil) die Geschichte ihres "der Rache geweihten" Lebens zu erzählen.

Eine Geschichte, wie man sie schon soundsooft auf der Leinwand gesehen hat. Der Spion einer fremden Macht wird zum Verhängnis für Mauds Vater, der sich um seinetwillen erschießt, und für Maud selbst, die durch ihn in den Verdacht des Landesverrats gerät und eine Zuchthausstrafe verbüßen muß. Dokumentenraub – Verführung – Entehrung – ein Kind, das stirbt – die Heirat des Spions mit der Tochter des Außenministers – Verleugnung der einstigen Geliebten: das sind die Stationen auf dem Weg des Films, der breit durch sechs Akte gesponnen ist. Ganz am Ende ein Ausblick, der Licht auf den Titel wirft: Rabbi Kuan-Fu in China weiß, wo die Schätze der biblischen Königin von Saba verborgen liegen – Maud ist entschlossen, den Rabbi aufzusuchen, ihr Doktor wird sie begleiten. Und gewiß, daß man sie im Besitz unermeßlichen Reichtums, die Herrin der Welt, sehen wird . . .

Erfreulich an dem Werk ist Joe Mays von künstlerischem Gefühl getragene, Wirkungen des Bildes sicher einschätzende Regie. Erfreulich ist die ganz ausgezeichnete Fotografie, und von starkem Eindruck Mia Mays Spiel. Mia May hat sich in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt, ihre Darstellung hat einen hohen Grad von Plastik und Ausdrucksfähigkeit erreicht, und sie steht heute in der vordersten Reihe und scheint mit jeder Aufgabe zu wachsen. Ein guter und seiner Mittel bewußter, wenn auch an Jahren etwas reifer Partner ist ihr Mierendorff. Frau May wohnte der Uraufführung bei und wurde von den Zuschauern mit herzlichem und verdientem Beifall begrüßt.

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