Das Wunder des Schneeschuhs. 1. Teil

Deutschland 1919/1920 Dokumentarfilm

Das Wunder des Schneeschuhs

Kritik von Vera Bern

Gestern Abend war ich als Vertreterin der Fachpresse von der "Berg- und Sport-Film-Gesellschaft" G.m.b.H., zu einer Uraufführung geladen worden. Ja, tatsächlich, eine Film-Ur-Aufführung in Freiburg! Entschieden ein Ereignis. – Als sich der Saal verdunkelte, und sich der erste Teil des fünfaktigen Films "Das Wunder des Schneeschuhs" auf der Leinwand abzurollen begann, offenbarte sich die Kinematographie als das, was in ihren äußersten Möglichkeiten von einigen stets unbefriedigten Mäklern und theoretischen Verbesserern von ihr verlangt wird – als eine Brücke in ferne Gefilde – als Raumverkürzerin und Ewigkeitssucherin. Ich bin nicht Mitarbeiterin von Ski-Fachblättern, brauche mich also nicht in skisportfachmännischen Ausdrücken zu bewegen, die ich auch gar nicht beherrsche. Für mich ist Film – Film. Und als solchen muß ich ihn betrachten. Und ich freue mich, sagen zu können, daß mir die gestrige Uraufführung vollen Genuß, Befriedigung und Ausblick in ganz neue Gebiete erschloß. – Die dramatische Handlung? .... Gar keine. Wenn man das Drama im Menschen sucht, die in Tod und Not ausartenden seelischen Konflikte. Und doch ein Drama – ein Drama der Natur. Eine gesteigerte Bildhaftigkeit, ins Monumentale gesteigert von Akt zu Akt. Und als Staffage Menschen, deren Kühnheit und Geschicklichkeit, deren Trotz im Kampf gegen Schnee und Gletscher fieberhafte Spannung im Zuschauer erweckt. In monatelanger Arbeit, ohne Anstrengungen und Gefahren, ohne Kälte und Sonnenbrand zu scheuen, wurde dieser interessante Film geschaffen. Der technische Leiter dieser jungen, wagehalsigen Firma, Dr. Tauern, ein bedeutender Erfinder auf kinematographischem Gebiet – über den ich ein anderes Mal berichten werde –- und der künstlerische Führer, der Geologe Herr Fanck, haben in ihrem Glauben an das Verständnis des Publikums ihr ganzes Vermögen in ihr "Experiment" gesteckt. Der gestrige Abend hat ihnen bewiesen, daß sie als mutige Pioniere auf die volle Anerkennung der Filmbranche rechnen dürfen. – Mit dem "Wunder des Schneeschuhs" hat Fanck die deutsche Kinematographie um einen neuen Film bereichert, nein nicht um einen neuen Film – um eine neue Filmgattung!

Vivant sequentes!

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