Lohnraub

DDR 1973/1974 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Die Buchhaltung eines Werks für Schiffsausrüstungen zahlt wöchentlich Lohngelder noch in bar aus. Die Scheine werden wie in alten Zeiten von den Mitarbeitern umständlich in mit den Namen der Empfänger versehene Papierumschläge gesteckt. Normalerweise sind damit Herr Neumann (Harald Halgardt) und Frau Dornberger (Ursula Braun) geraume Zeit beschäftigt, der Kassenraum darf währenddessen nicht betreten werden. Die Tür ist aber auch nicht abgeschlossen, sodass Meister Hermann Schuch (Ernst Kahler) schon ‘mal vorbeischaut mit der Frage, wie lange das Eintüten noch dauert angesichts des nahen Feierabends.

Als der Pförtner Erwin Wimmerlein (Walter Lendrich) einen Anruf von der Feuerwehr erhält, gibt er die Nachricht sofort an Herrn Neumann weiter: Er solle wegen eines Brandes sogleich nach Hause kommen. Nicht ohne seiner Kollegin zu sagen, sie solle Meister Schuch bitten, ihn zu vertreten, kommt der Buchhalter der Aufforderung hastig nach. Doch ist Letzterer nicht zu erreichen, weil er gerade eine Maschine repariert und sich dabei an der Hand verletzt.

Der Täter hat es also nur noch mit Frau Dornberger zu tun, die er – von hinten – überwältigen, fesseln und knebeln kann. Mit 35.000 Mark in einer karierten Sporttasche macht er sich davon. Als die Arbeiter in einer Pause Geräusche von splitterndem Glas hören, die aus dem Verwaltungsgebäude kommen, finden sie im Treppenhaus den am Kopf verletzten und offenbar bewusstlosen Nachtportier Friedrich Carl Brömmer (Norbert Christian) vor – und wenig später auch Frau Dornberger.

Unter Verdacht gerät der Betriebsschlosser Dieter Zilinski (Peter Hladek), den Brömmer am Vortag dabei erwischte, wie er mit einem Fernglas den gegenüberliegenden Kassenraum beobachtete. Seine Erklärung: Er wolle „Mäuschen“, seine in der Buchhaltung tätige Freundin Ilona Schettler (Juliane Koren), abholen. In der Tat verlassen beide wenig später auf seiner MZ das Werksgelände, wie Wimmerlein bestätigt. Der ganz geknickt darüber ist, einen fingierten Anruf der Feuerwehr weitergeleitet zu haben.

Oberleutnant Peter Fuchs (Peter Borgelt), Leutnant Vera Arndt (Sigrid Göhler) und Wachtmeister Lutz Subras (Alfred Rücker) tappen lange Zeit im Dunkeln, obwohl es an Tatverdächtigen nicht mangelt. So wird der Buchhalter Neumann vom Hundeführer (Erich Breese) dabei erwischt, wie er sich am Holzzaun zum Bahndamm hin zu schaffen macht, einem möglichen Fluchtweg des Diebes. Aber auch Meister Schuch, der zur Tatzeit kein Alibi hat, und Brömmer selbst geraten in die Schusslinie der Ermittler.

Letzterer, weil er als ehemaliger „ungekrönter König des Tango“ in der DDR weiterhin auf großem Fuß lebt, obwohl er längst aus dem Musikgeschäft ‘raus ist und als Pförtner deutlich kleinere Brötchen backen muss. Und weil sich die immer noch selbstbewusst-mondäne Sängerin Ramona Hansen alias Emma „Emmy“ Schnabel (Marion van de Kamp) die Ehre gibt an Brömmers Seite.

Da liegen Welten zwischen im real existierenden Sozialismus: Während Brömmer und seine „Emmy“ im exquisiten Restaurant speisen mit Cinzano bianco als Aperitiv, umgarnt von einem devoten Kellner, müssen sich Fuchs und Arndt kantinenmäßig abspeisen lassen vom notorisch übellaunigen Personal. Als es zu einem zweiten Überfall im gleichen Unternehmen kommt, kann Brömmer auf ein sicheres Alibi vertrauen: Er ist in besagter Nacht von Subras und Kollegen daheim überwacht worden.

Das Blatt scheint sich zu wenden, nachdem bekannt geworden ist, dass Meister Schuch dem jungen Paar 800 Mark für ein größeres Zelt geliehen hat. Haben sie etwa gemeinsame Sache gemacht? Erst eine Sammlung alter Zeitungsausschnitte trägt zur Erleuchtung Vera Arndts bei – wortwörtlich. Nach gut einer Stunde werden im Krimi „Lohnraub“ aus der DDR-Reihe „Polizeiruf 110“, den das Fernsehen der DDR im Oktober/November 1973 in Berlin sowie im brandenburgischen Wildau drehte, zwei alte Gauner verhaftet, die bereits in der unmittelbaren Nachkriegszeit ihr Unwesen getrieben haben – im westdeutschen Stuttgart…

Szenarist Georg Redmann und Regisseur Helmut Krätzig halten die Spannung hoch, indem sie gleich ein halbes Dutzend falscher Fährten legen. Bemerkenswert der ideologisch grundierte Background mit der Behaupung einer nach wie vor existierenden Klassengesellschaft: auf der einen Seite die auch im Sozialismus offenbar noch nicht überwundene bourgeoise Lebensweise sich als Elite dünkender Künstler, die ihren Zenit offenbar längst überschritten haben, auf der anderen Seite das harte, entbehrungsreiche Leben der so ehrlichen wie solidarischen Arbeiterschaft.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Aufführung:

Uraufführung (DD): 07.04.1974, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Lohnraub

Fassungen

Original

Aufführung:

Uraufführung (DD): 07.04.1974, DDR-TV