Hedda Gabler

DDR 1979/1980 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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Nach einer sechsmonatigen Hochzeitsreise, bei der er fleißig an seinem kulturwissenschaftlichen Buch gearbeitet hat und im Ausland zum Doktor promoviert wurde, was ihm nun eine Professur an der Universität einbringen soll, ist der Staatsstipendiat Jörgen Tesman (Jörg Gudzuhn) zurückgekehrt zusammen mit seiner Gattin Hedda (Jutta Hoffmann), der allseits bewunderten und verwöhnten Tochter des verstorbenen Generals Gabler. Aber nicht in die alte Wohnung im Haus seiner Tante Julle, in dem das Fräulein Juliane Tesman (Doris Thalmer) zusammen mit ihrer kranken Schwester Rina lebt. Sondern auf speziellen Wunsch Heddas in eine feudale Villa, die einst der Staatsrätin Falk gehörte. Die Kamera Werner Helbigs umkreist zu Beginn der 125-minütigen Studioaufzeichnung einer Inszenierung Thomas Langhoffs am Deutschen Theater (Ost-) Berlin (Deutsch von Bernhard Schulze) die luxuriös ausgestatteten und opulent blumengeschmückten Räumlichkeiten im Rücken des Dienstmädchens Berte (Lieselott Baumgarten), die alles für das nach der beschwerlichen Reise noch nicht aufgestandene Paar herrichtet. Tante Julle, die bereits mit weiteren Blumen in der Tür steht, hat Berte an Jörgen abgegeben und dazu noch ihre Rente verpfändet, um das alles finanzieren zu können – im Vorgriff auf die zu erwartende Professur.

Hedda ist das „ganze Meer von Sonne“, das durch die geöffnete Verandatür zusammen mit der frischen Luft hereinströmt, ebenso zuviel wie „dieser Blumensegen“. Und: „Mit dem Mädchen wird schwer auszukommen sein“, weiß die sehr kühl-distanzierte, ständig unzufriedene und mit allem hadernde „Frau Doktor“, die nervös durch den Salon schreitet, bis „Frau Landrat“ Thea Elvsted (Monika Lennartz) ihre Aufwartung macht, die, als sie noch Rysing hieß, ein Auge auf Jörgen geworfen hatte. Nun bittet sie darum, Ejlert Lövborg (Jürgen Gosch) freundlich zu empfangen, mit dem Hedda einst eine Liebesbeziehung hatte. Der genialische Kulturgeschichtler hat gerade zusammen mit Thea ein aufsehenerregendes Buch veröffentlicht, mit dem er seinem Berufskollegen Jörgen zuvorgekommen ist. Einst wegen Trunksucht von der Gesellschaft ausgeschlossen, hat er sich solchermaßen rehabilitiert, dass er zum ernsthaften Rivalen Jörgens um die Professur geworden ist, wie Richter Brack (Klaus Piontek) wenig später warnt. Der sich als Gesellschafter der gelangweilten Hedda anbietet, die ihm gegenüber offen eingesteht, mit Tesman eine reine Versorgungs-Ehe eingegangen zu sein. Liebe? „Dieses klebrige Wort“ hat für Hedda keine Bedeutung, die vorerst auf Reitpferd, livrierten Diener und große Gesellschaften verzichten muss. Denn Jörgens Berufung an die Universität ist in weite Ferne gerückt. So muss sich Hedda zunächst mit den vom Vater ererbten Duellpistolen begnügen, mit denen sie im Keller Schießübungen macht (die einzige genuin filmische Abweichung von Thomas Langhoffs Kammerspiel im kulissenhaften Einheitsbühnenraum). Entsprechend eifersüchtig zeigt sie sich gegenüber Thea – und ist ihr im gleichen Moment mit scheinbar herzlicher Empathie zugewandt, um alle Einzelheiten ihrer Arbeit an Lövborgs Seite zu erfahren.

Als dieser zu Besuch erscheint, kann Hedda ihre Gefühle für ihn kaum bezwingen, zumal er ihr versichert, es verbinde ihn nur Kameradschaft mit der hilfsbereiten – und zudem verheirateten - Thea. Dennoch nutzt Hedda die erste Gelegenheit, den wissenschaftlichen Wettstreit, den sie Brack gegenüber noch „sportlich“ nehmen wollte, zu Gunsten ihres Gatten zu beeinflussen: nach einem feucht-fröhlichen Herrenabend beim Richter hat Jörgen das Manuskript eines Nachfolge-Buches „Kulturtendenz der Zukunft“ des im Alkohol-Delirium in Fräulein Dianas Boudoir versackten Lövborg an sich bringen können. Die skrupellose Hedda verbrennt nicht nur das Lebenswerk des Mannes, von dem der begeisterte Jörgen so geschwärmt hat, sie legt dem Verzweifelten, der sich selbst die Schuld an dem Verlust seines „Kindes“ gibt, eine Duellpistole in die Hand – für einen Tod „in Schönheit“.

„So ein dreieckiges Verhältnis ist im Grunde genommen für alle Beteiligten eine sehr angenehme Situation“: Richter Bracks Interesse ist es, einziger Hahn im Korbe des Tesman-Dreiecks zu bleiben, weshalb er für sich behält, woher die Pistole stammt, aus der sich auf der Treppe in Fräulein Dianas Boudoir ein Schuss löste, der Lövborg tödlich in den Unterleib traf. „Ich ersticke an alldem“: Als Hedda mitansehen muss, wie Jörgen und Thea die Notizen zu Lövburgs Buch sortieren, um es zu rekonstruieren, haben sich ihre Illusionen endgültig in Nichts aufgelöst. „Unfrei also. Diesen Gedanken ertrage ich nicht. Nie im Leben“: Hedda spielt wie wild auf dem Klavier, um dem Protest des Gatten mit einem Lächeln in die Kamera zu begegnen: „Ich bin gleich ganz still.“ Schuss und Schluss.

Thomas Langhoffs zum Welttheatertag am 23. März 1980 im Fernsehen der DDR (PL Helga Lüdde) erstausgestrahlter Verfilmung des 1890 in München verfassten und am 31. Januar 1891 im dortigen Residenztheater uraufgeführten Ibsen-Vierakters folgte 1982 eine zweite Theateradaption für den Bildschirm mit Jutta Hoffmann in der Titelrolle: „Stella“ nach Johann Wolfgang von Goethe, die Studioaufzeichnung einer Inszenierung am Berliner Theater im Palast (TiP). Jutta Hoffmann, 1941 unweit von Halle/Saale geboren, war schon als Schülerin Mitglied der Laienspielgruppe des Plaste-und-Elaste-Kombinats Buna in Schkopau, studierte dann aber an der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg. Zwei Jahre vor ihrem Abschluss bekam sie 1960 ihre erste Rolle bei der benachbarten Defa, spielte aber - parallel zur überragenden Filmkarriere - bis 1983 am Maxim-Gorki-Theater und am Berliner Ensemble, bevor sie in Westdeutschland vor allem unter Peter Zadeks Regie nahtlos an ihre großen Bühnenerfolge in der DDR anknüpfen konnte.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
125 min
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 23.03.1980, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Hedda Gabler

Fassungen

Original

Länge:
125 min
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 23.03.1980, DDR-TV