Die Farben von Tigua

Deutschland 1994 Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Begleitet von einem Blechbläser-Ensemble zieht eine vielköpfige Prozession zum Heiligen Berg, angeführt von einem gekrönten Haupt zu Pferde. Die Männer tragen bunte Masken, die Frauen halsbrecherisch hohen Kopfputz. Der Erzähler (Frieder Kranz) berichtet von einem Stein, der er am Ufer eines Sees gefunden hat. Dann kam ein Boot übers Wasser, verschwand aber bald wieder ohne anzulegen. Auf dem Rückweg ins Dorf sei er so müde geworden, dass er sich am Waldrand hinlegen musste. Im Traum sind ihm zwei Kinder erschienen – die beiden heiligen Vulkane Quilotoa und Cotopaxi…

Die Malerdörfer von Tigua liegen am Fuße des Vulkans Quilotoa in den Anden Ecuadors in über 3.000 Meter Höhe. Die künstlerisch tätigen Quichua-Indianer sind Schamanen und magische Könige, die daheim in ihren Hütten, aber auch draußen auf den Feldern und Weiden zu Farbe und Pinsel greifen. Es ist eine pittoreske, für europäische Verhältnisse kleinteilig bewirtschaftete Landschaft zwischen sanften Hügeln und steilen Berghängen, die Kameramann Marcus Winterbauer in seinem „Konrad Wolff“-Diplomfilm mehrfach unter Dunstschleiern zeigt. Die Kirche ist das bei weitem größte Gebäude der Ansiedlungen.

Immer mehr Künstler, die einst mit der Bemalung von Masken und Trommeln für Fiestas begannen, ziehen in die Großstadt Quito, auch wenn sie dort in ärmlichsten Verhältnissen leben und nebenbei etwa im Großmarkt ihren Lebensunterhalt verdienen müssen: Sie verkaufen ihre Arbeiten auf Märkten, einige wenige auch in Kunstgalerien. Schafsleder, auf einfache Holzrahmen gezogen, bildet den Malgrund für zumeist kleinformatige, aber stets farbenprächtige Bilder in Öl, Acryl oder synthetischen Lacken. Bevorzugte Motive dieser naiven Malerei sind die Indigenas selbst in ihren traditionellen Kleidern mit ihren Sagen (Pachamama: die Erde als Mutter), Riten und Festen, aber auch Schafe und Lamas sowie das hauptstädtisch-moderne Leben. In einigen Fällen werden auch politische Manifestationen thematisiert, etwa der Kampf gegen die Privatisierung von Grund und Boden und für eine ausreichende medizinische Versorgung.

Inzwischen leben rund 300 indigene Maler in Quito: Dort haben sie Strom für Licht, sodass sie auch abends tätig sein können, und sind näher an der Kundschaft, etwa den Gästen der Luxushotels entlang der Amazonas-Straße. Größere Formate, an denen mehrere Tage gearbeitet wird, können bis zu einhundert D-Mark erlösen, aber kaum ein Künstler, inzwischen malen auch einige Frauen, kann vom Verkauf der Bilder, welche Kultur und Tradition der Indigenas in den Anden am Leben erhalten, existieren. Zumal in der Stadt auch noch die Miete für das kahle Zimmer in der Wellblechhütte hinzukommt.

Für die Dreharbeiten seiner Humboldt-Biographie „Die Besteigung des Chimborazo“ bereiste Rainer Simon 1988 erstmals Ecuador. Land und Leute haben den Filmemacher nicht mehr losgelassen, in der Folge hat er drei 45-minütige Dokumentationen gedreht. Zunächst „Die Farben von Tigua“, koproduziert mit der Vereinigung der Filmemacher Asocine Ecuador (Produzent: Alejandro Santillan) und dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) und uraufgeführt in der zweiten November-Hälfte 1994 beim Int. Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilme (DOK Leipzig). Danach noch „Mit Fischern und Vögeln reden“ (1999) sowie „Der Ruf des Fayu Ujmar“ (2003).

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
45 min
Format:
BetaCam SP
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Aufführung:

Aufführung (DE): November 1994, Leipzig, IFF

Titel

  • Originaltitel (DE) Die Farben von Tigua

Fassungen

Original

Länge:
45 min
Format:
BetaCam SP
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Aufführung:

Aufführung (DE): November 1994, Leipzig, IFF