Lissy

DDR 1956/1957 Spielfilm

Berlin in der Götzendämmerung


pth., Hamburger Echo, 1.11.1958

Hier haben wir einen Film, der im meisterhaften Griff eines jungen Regisseurs –Konrad Wolf, Sohn des Dramatikers Friedrich Wolf – zu einem packenden Zeitbild der Jahre 1932/33 gestaltet worden ist. In ihm steckt bereits die ganze Epoche der Nazityrannei. Die Katastrophe wirft ihre Schatten unheimlich voraus. Der makellos straffe Stil steigert den Ausdruck zu erstaunlicher Intensivität.

Es mindert an der Sache nichts, das dieses thematisch und filmisch bedeutende Werk (1957) aus dem Babelsberger Atelier der ostzonalen "Defa" kommt. Die bittere Ironie liegt in den sich aufdrängenden Vergleichen zum Pankower Regime und der Unfreiheit, in die der Kampf der Arbeiter neuerlich mündete. Wie jedoch nutzt die westdeutsche Filmproduktion ihre Freiheit?

Berlin und damit Deutschland vor der Götzendämmerung: In Wolfs Film rückt es noch einmal bezwingend vor Augen. Braunhemd und Hakenkreuz, "Deutschland erwache und Juda verrecke", das Stampfen der SA-Stiefel gegen die "Proleten". Die Barbarei zieht auf. Mitten drin hängt das Schicksal zweier Menschen, ihr Verhältnis zueinander mit den Spannungen der Zeit: (…)

Sonja Sutter, uns nur aus zweitklassigen Heimatfilmen flüchtig bekannt, überrascht uns in der Gestalt Lissys mit einer großartigen darstellerischen Leistung. Neben ihr Horst Drinda als Ehemann, Kurt Oligmüller als spießbürgerlicher NS-Protz und Hans-Peter Minetti als Bruder. Auch jede der Nebenrollen ist mit psychologischem Fingerspitzengefühl durch Situationen von aufrüttelnder Echtheit geführt.

Ein klarer, kompromißloser Film von hohem Rang!

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