Semmelweis - Retter der Mütter
Semmelweis – Retter der Mütter
Die Weltbühne, Berlin/DDR, Nr. 23, 7.6.1950
Es war ein guter Gedanke der DEFA, einen Film vom Schaffen des bedeutenden Ignaz Philipp Semmelweis herstellen zu lassen. Nicht nur, weil das Leben dieses ungarischen Arztes, der zum "Retter der Mütter" wurde, voller tragischer Momente ist und voller Größe. Man sagt in solchen Fällen, das Leben schriebe die Geschichte, richtiger aber, und besonders hier, muß es heißen, die Geschichte gestaltete dieses Leben. Semmelweis hatte dem Tod am Wochenbett Halt geboten, die Geschichte ließ noch Jahrzehnte Tausende von jungen Müttern sterben. (…)
Der Film, dessen Drehbuch von Joachim Barckhausen und Graf Stenbock-Fermor geschrieben wurde, stellt Semmelweis" Forscherarbeit in den Vordergrund. Der Kampf des Arztes gegen das Kindbettfieber, die langsam wachsende Erkenntnis einer Wundinfektion, werden eindringlich und wahrheitsgetreu nachgezeichnet. Der Film bringt auch die. politischen Kämpfe der achtundvierziger Jahre und zeigt Semmelweis, der Mitglied der radikalen "akademischen Legion" war, als Freund der revolutionären Studenten. Aber diese Dinge bleiben bildhaft, die sozialen Hintergründe, die inneren Zusammenhänge berühren kaum die Geschehnisse. Semmelweis" Gegner werden zu persönlichen Widersachern und erscheinen mehr vom Charakter als von der Geschichte gezeichnet.
Georg C Klaren, der Regisseur, dem es seinerzeit gelungen was, aus dem hämmernden, aber spröden "Wozzek" einen geschlossenen, tief aufwühlenden Film zu machen, stellt sich diesmal zu stark auf äußerliche Wirkungen ein. Klaren verzichtet nicht auf Sentimentalitäten und auf eine Art expressionistische Romantik, welche die Wirklichkeitsnähe zerreißt Dabei hat er solche Dinge wie auch den theatralisch aufgesetzten Schluß gar nicht nötig. Er führt die Handlung folgerichtig und zwingend durch und versteht durch natürliche, aus der gegebenen Situation kommende Auflockerung ein ernstes Thema noch intensiver zu gestalten. Der Dialog, auch im treffenden Ausdruck des Wortes, ist bei ihm gut aufgehoben.
In Karl Paryla hat er einen Semmelweis, der seine Rolle mit wirklicher Lebensechtheit durchführt. Er erinnert manchmal an Rudolf Forster, bringt aber mehr Wärme und inneres Erleben mit. Neben ihm wieder einmal Eduard von Winterstein, immer noch der große Gestalter, der jeder Rolle ein eigenes männliches Profil gibt. Käthe Braun als Marie Lanthaler ist sehr anschmiegsam, sehr offen und menschlich in ihrer Bescheidenheit, Camilla Spira, die sympathische Gastwirtsfrau, sehr lebendig in ihrer Güte. Walter Werner, Herbert Hübner und Karl Hellmer seien noch aus der Fülle einprägsamer Gestalten herausgehoben.