Schnelles Glück

DDR 1988 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Trabrennbahn Berlin-Karlshorst. Lautes Hintergrundgeräusch in der Wetthalle, vor gut einem Dutzend Schalter herrscht ein dichtes Gedränge, kurz vor Toresschluss der Wettannahme für das folgende Rennen kommt bisweilen gar Hektik auf. Eine Frau mit Dutt nimmt Zahlenreihen in rascher Folge auf, welche sie in eine mit der Kasse verbundene Rechenmaschine eintippt und den Wett-Bon nach Entgegennahme des Geldes aushändigt.

Nach der Lautsprecher-Durchsage, die dem „Nichts geht mehr“ des Croupiers beim Roulette entspricht, einem als kapitalistische Ausbeutung in der DDR verteufelten Glücksspiel, wird es ruhig im Saal, die Wetter verfolgen von der Tribüne aus, wie sich die Pferde, auf die sie gesetzt haben, im Oval der 37 Hektar großen Anlage im grünen Südosten der Hauptstadt schlagen.

Herta Rogau ist Rentnerin und froh, ihr offen eingestandenes schmales Salär an den Wochenenden am Wettschalter aufbessern zu können. Durch die Scheibe hindurch beantwortet sie die Fragen der Dokumentaristin Petra Tschörtner, die sich immer wieder dem Alltag ganz normaler Menschen verschrieben hat. Fast 15 Jahre ist sie nun mit dem Trabrennsport verbunden, eine Freundin ihrer Tochter hat sie seinerzeit auf die Idee gebracht, sich etwas Urlaubsgeld hinzuzuverdienen.

Herta Rogau gefällt das „Fluidum“ in Karlshorst: „Die Leute sind alle so nett.“ Dabei werden hier anders als beim Roulette keine großen Summen bewegt: „Reich ist hier noch keiner geworden. Milieu und Nervenkitzel – das brauchen die“, womit sie ihre Kunden meint, die nach dem Studium des Fachorgans „Rennkurier“ auch schon ‘mal auf Außenseiter setzen – der attraktiveren Quote wegen. Immerhin, erinnert sie sich, ist einer ‘mal mit 70.000 Mark nach Hause gegangen – und hat sich nicht mehr blicken lassen. Sie selbst hat das Fieber nicht gepackt: „Ich hab‘ noch nicht einmal gewettet in den fünfzehn Jahren“.

Tschörtner zeigt in ihrem zehnminütigen Kino-Begleitfilm auch Impressionen von der Haupttribüne und, dem Kameramann Jürgen Hoffmann sei Dank, spannende Nahaufnahmen vom Renngeschehen, wobei mancher Sulkyfahrer arg die Peitsche einsetzt. Die Trabrennbahn Karlshorst ist Treffpunkt für Fans, die mit Begriffen wie „Sieg“, „Platz“, „Großer Einlauf“ und „Kleiner Einlauf“ etwas anzufangen wissen, aber auch Ziel von Familienausflügen. Das Publikum besteht keineswegs nur aus Turf-Experten, aber wenn ein Rennen einmal läuft, dann gehen alle begeistert mit. Nur Herta Rogau nicht: die zählt das eingenommene Geld.

Der Abspann listet das Leitungsteam kollektiv ohne Tätigkeitsbereiche auf: „Heiko Koinzer, Johanna Jürschik, Ullrich Fengler, Christian Johannsen, Jürgen Hoffmann, Jochen Wisotzki, Petra Tschörtner.“ Die 1958 in Babelsberg geborene und 2012 in Berlin gestorbene Petra Tschörtner hat in ihrer Heimatstadt an der HFF studiert und gleich mit ihrem Diplomfilm „Hinter den Fenstern“ 1983 reüssiert: Sie gewann im Jahr darauf bei den Oberhausener Kurzfilmtagen den Hauptpreis der international zusammengesetzten Jury. Und wechselte vom Spielfilm- ins Dokumentarfilmstudio der Defa. Nach zahlreichen Kinderfilmen wendet sie sich Ende der 1980er Jahre Alltagsstoffen wie „Schnelles Glück“ zu, um zur Jahrtausendwende an „ihre“ alte Hochschule zurückzukehren – als Gastprofessorin.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
272 m, 10 min
Format:
35mm
Video/Audio:
s/w, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 26.05.1989

Titles

  • Originaltitel (DD) Schnelles Glück
  • Arbeitstitel (DD) Rennbahn

Versions

Digitalisierte Fassung

Duration:
10 min
Format:
DCP 2k, 1:1,37
Video/Audio:
s/w, Mono

Original

Duration:
272 m, 10 min
Format:
35mm
Video/Audio:
s/w, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 26.05.1989