Das Schulgespenst

DDR 1986/1987 Spielfilm

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Heinz17herne
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Anders als uns der Sprecher aus dem Off weismachen möchte, ist Carola Huflattich weder lieb noch bescheiden, nicht gerade der Stolz ihrer Eltern und schon gar keine Freude aller Lehrer. Die Viertklässlerin der nach Käthe Kollwitz benannten Oberschule im fiktiven idyllischen Burgstadt irgendwo im Süden der DDR hat nur zwei Interessen: im Lieblingsfach Sport für glänzende Augen beim Sportlehrer Palisander zu sorgen sowie für Aufruhr unter ihren Mitschülern während der Pausen auf dem Schulhof. Carola steht nicht nur in Mathematik auf der Kippe, aber bisher kann sie stets von ihrem besten Freund und Banknachbarn Willi Neuenhagen profitieren, der ihr nicht nur die Hausaufgaben macht, sondern sie bei Tests auch abschreiben lässt. Was der Deutschlehrerin Fräulein Prohaska aufgefallen ist, weshalb sie beim nächsten Klassendiktat die beiden weit auseinander setzt.

Prompt gibt’s nur die Note vier, was Papa Huflattich, der als Dachdecker in schwindelerregender Höhe arbeitet, weniger ärgert als seine Gattin, die sich als Verkäuferin im Lebensmittelgeschäft sogleich mit ihren Kolleginnen austauscht. „Vogel müsste man sein, fliegen und hopsen über die Dächer“ ruft Carola, als sie ihrem Vater und dessen Kollegen Anton bei der Arbeit in Sichtweite der Schule zuschaut. Andererseits träumt sie im Unterricht auch von der Seefahrt. Und von Geistern wie der „Freifrau“, die bei Vollmond auf der Burgruine oberhalb Burgstadts ihr Unwesen treiben soll. Was freilich noch niemand mit eigenen Augen gesehen hat. Als Carola 'mal wieder langweilig ist und sie mit ihrem Stuhl kibbelt, was der Klassenprimus und ihr ewiger Widersacher Stefan Wedekind (Alexander Preißel) sogleich Fräulein Prohaska petzt, bricht das hölzerne Gestell unter ihr zusammen und sie wird zum Hausmeister Paul Potter nach Ersatz geschickt. Als der nicht aufzufinden ist, durchstöbert das so phantasievolle wie neugierige Mädchen die Kellerräume („Nur für Hausmeister“) der Schule. Und findet Spannendes wie ausgestopfte Tiere, Schmetterlingskästen und sogar einen alten Fernseher. Als dann aber nicht nur Paul Potter in ihrem Rücken das Gespenst macht, sondern nach der Explosion des TV-Gerätes sich tatsächlich ein unsichtbares Wesen bei ihr Gehör verschafft, gruselts der mutigen Carola schon ein wenig.

Andererseits ist der Deal, den ihr der offenbar vom Nichtstun gelangweilte Geist aus dem RFT-Gerät vorschlägt, vielversprechend: er geht, äußerlich durch zwei Schleifchen in den Haarzöpfen gekennzeichnet, für Carola zur Schule und sie kann sich ganz auf ihre Vorlieben Sport und Unsinn konzentrieren. Das klappt zur Verwunderung aller zunächst hervorragend: die neue Carola, die mit den taubenblauen Accessoires, sieht adrett und niedlich aus mit Rock und Strümpfen, arbeitet vorbildlich im Unterricht mit und erledigt ihre Hausaufgaben ebenso ohne fremde Hilfe wie die Schulaufsätze. Der Notendurchschnitt steigt so stark wie Mutter Huflattichs Stimmung, nur ihr Papa kommt mit der fehlenden Aufmüpfigkeit seines bisher so quirligen Nesthäkchens nicht zurecht. Und Carolas um 15 Jahre älterer Bruder Max (Axel Wandtke), Busfahrer beim VEB Kraftverkehr Burgstadt, wundert sich über seine kleine sonst so freche Schwester, die sich darüber mokiert, dass er gleich mit zwei Freundinnen zum TV-Krimi auf der Wohnzimmercouch sitzt. Als es zum Wandertag geht mit Ziel Vergnügungspark, sitzt nicht nur die adrette, liebe Carola im von Max Huflattich gesteuerten Bus, sondern – in Willis Karton – auch die „echte“, aufmüpfige. Die auf dem Rummel dem Geisterbahnbesitzer Gustav Mille und seiner Gattin das Fürchten vor Gespenstern lehrt und Fräulein Prohaska das Kettenkarussell verleidet. Mit dem Ziel, an den kleinen Spiegel in der Handtasche der Lehrerin zu gelangen, um die Rollen wieder zu tauschen. Denn Carola ist es längst leid, als Schulgespenst herumzufliegen…

„Manches ist zu schwer für die Erwachsenen zu verstehen“ resümiert das taffe Mädchen nach gelungenem Rollenwechsel. Die 84-minütige turbulente Mischung aus Real- und Trickfilm (Animation: Heiko Ebert und Tony Loeser) basiert auf der gleichnamigen, 1978 im Kinderbuchverlag (Ost-) Berlin erschienenen Erzählung von Peter Abraham. Nach der Uraufführung am 7. Februar 1987 Palast-Theater Gera als Eröffnungsfilm des 5. Nationalen Festivals „Goldener Spatz“ für Kinderfilme der DDR gabs den Sonderpreis des Ministers für Volksbildung (die männliche Bezeichnung galt auch für Margot Honecker) und den Ehrenpreis der Kinderjury sowie noch im gleichen Jahr beim 5. Essener Kinderfilmfest (heute: Kinderfilmtage im Ruhrgebiet) den erstmals vergebenen Preis „Blauer Elefant“ der Kinderjury. Kinostart in der DDR war am 3. Juli 1987, in der Bundesrepublik am 3. März 1988 und die Erstausstrahlung erfolgte am 2. September 1989 im Fernsehen der DDR. „Das Schulgespenst“ wird auch ein Vierteljahrhundert später zu internationalen Kinderfilmfestivals eingeladen, zuletzt im November 2020 nach Wien.

Ralf Schenk, späterer langjähriger Defa-Vorstand (in: „Die Weltbühne“ 8/1987): „Rolf Losansky inszenierte ... einen Film voller Poesie und Witz; souverän wird die Alltagsrealität von Kindern phantasievoll gebrochen, ins Komödiantische und Ironische übersteigert. Viele Szenen sind auf Pointen hin geschrieben; der Film hat ein enormes Tempo: von der ersten Sekunde an dominieren kurze, präzise Einstellungen, die moderne Sehgewohnheiten berücksichtigen. Reinhard Lakomy komponierte ein Titellied, das ins Ohr geht; und alle Darsteller - einschließlich der vorzüglich ausgewählten und geführten Kinder - spielen mimisch und gestisch ausdrucksstark, oft sympathisch überdreht.“

Pitt Herrmann

Credits

Director

Screenplay

Director of photography

Editing

Cast

All Credits

Director

Assistant director

Screenplay

Scenario

Script editor

Director of photography

Production design

Prop master

Make-up artist

Costume design

Editing

Audio mixing

Cast

Unit production manager

Original distributor

Duration:
2303 m, 84 min
Format:
35mm, 1:1.66
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 07.02.1987, Gera, Palast-Theater;
Aufführung (DE): 04.10.1988, Mannheim, IFF

Titles

  • Originaltitel (DD) Das Schulgespenst

Versions

Digitalisierte Fassung

Duration:
85 min
Format:
DCP 2k, 1:1,66
Video/Audio:
Farbe, Mono

Original

Duration:
2303 m, 84 min
Format:
35mm, 1:1.66
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:

Uraufführung (DD): 07.02.1987, Gera, Palast-Theater;
Aufführung (DE): 04.10.1988, Mannheim, IFF

Awards

Kritikerpreis 1988
Nationales Festival für Kinderfilme der DDR 1987
  • Ehrenpreis der Kinderjury
  • Sonderpreis der Ministers für Volksbildung
Kinderfilm-Festival Essen 1987
  • Blauer Elefant