Ein Haus in Berlin Prenzlauer-Berg 1900-1980 - Geschichte und Geschichten
DDR
1979/1980
TV-Dokumentarfilm
Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Production company
All Credits
Director
Screenplay
Director of photography
Editing
Production company
Duration:
43 min
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
TV-Erstsendung (DD): 26.02.1980, DDR1;
Aufführung (DE): 08.12.2021, Berlin, Zeughauskino
Titles
- Originaltitel (DE) Ein Haus in Berlin Prenzlauer-Berg 1900-1980 - Geschichte und Geschichten
Versions
Original
Duration:
43 min
Video/Audio:
Orwocolor, Ton
Screening:
TV-Erstsendung (DD): 26.02.1980, DDR1;
Aufführung (DE): 08.12.2021, Berlin, Zeughauskino
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Das konnten die Filmemacher Irina Liebmann und Rainer Pavel natürlich noch nicht einmal erahnen, als sie 1979 ihren Querschnittsfilm über den Alltag der Bewohner eines Altbau-Blocks schräg gegenüber in der Greifenhagener Straße drehten. Die heute unter Denkmalschutz stehenden Häuser mit Durchgängen und begrünten Innenhöfen, 1900 von der sozialdemokratischen Genossenschaft Berliner Spar- und Bauverein für auswärtige Arbeiter errichtet, waren für den Mietwohnungsbau der Jahrhundertwende komfortabel ausgestattet: die Wohnungen verfügten über Innentoiletten und die meisten über Balkone.
Stets war Eigeninitiative der Bewohner gefragt, etwa bei der Gestaltung eines Spielplatzes im Innenhof. Und die Genossenschaft unterhielt einen Hort für seinerzeit 40 Kinder, sämtlich aus dem Block. Unter den Dächern gab es gemeinschaftliche Einrichtungen wie Waschküchen und Wannenbäder, deren zumeist wöchentliche Nutzung untereinander abgesprochen wurde. Erinnerungen einer ehemaligen Näherin, die 1904 hier geboren worden ist und von den jährlichen, 1950 letztmals veranstalteten Hoffesten schwärmt, und einer einstigen Sportlehrerin im Arbeiterturnverein Fichte Nord-Berlin, die über die Weimarer Republik und die der KPD nahestehende Kampfgemeinschaft für Rote Sportvereine spricht, sind rare, authentische und daher wertvolle Zeitdokumente, ergänzt um Fotos aus Familienalben.
Peter Berger („Eindrucksvolle Impressionen“) lobt im SED-Zentralorgan Neues Deutschland (vom 28. Februar 1980): „Ein Haus, nicht ganz, wie jedes andere: Es war im Jahre 1900 als genossenschaftlicher Bau für Arbeiterfamilien entstanden. So zog proletarisches Bewusstsein mit ein. Klassensolidarität ließ das Leben erträglicher werden. (…) Manche proletarische Tradition erwies sich in dieser Sendung als bewahrenswert fürs Zusammenleben in der Gegenwart. Heute wird übrigens öfter aus- und eingezogen in dem alten Haus: Junge Mieter wohnen ‚auf Abruf‘ – eine Neubauwohnung in Aussicht. Aber es gibt auch welche, die wollen bleiben, fühlen sich wohl, ‚der Leute wegen‘. Der Leute wegen lohnte sich auch dieser Film, wobei jedes dieser vielen Schicksale unter einem Dach seinen eigenen Film verdient hätte.“
Jeanpaul Goergen, Kurator der Reihe „Berlin. Dokument“ im Berliner Zeughauskino, wusste anlässlich einer Wiederaufführung im Dezember 2021 zu berichten, dass Irina Liebmann ihr Konzept für ein Buchprojekt erweitert hat durch Gespräche mit den Betreibern gewerblich genutzter Räume im Wohnblock wie Wäschegeschäft, Bäckerei, Fotolabor und Werkstatt für Markisen und LKW-Planen. Dazu hat sie 1981 auch nochmals ihre Gesprächspartner aus dem Film befragt zum 1982 im Mitteldeutschen Verlag Halle/Saale erschienenen Band „Berliner Mietshaus. Begegnungen und Gespräche“. Die Tradition der Hoffeste ist in den 1980er Jahren wiederaufgenommen worden – dank der neugewonnenen Gemeinschaft der Mieter, welche sich durch die Dreharbeiten erst kennengelernt haben.
Pitt Herrmann