Lichter

Deutschland 2002/2003 Spielfilm

Von Menschen und Währungen

Die Grenzen der Mobilität und die Grenzenlosigkeit des Kapitalismus – das sind die zentralen Themen in Hans-Christian Schmids verschlungenem Episodendrama. Mit der Handkamera folgt er dem Fluss der Menschen und Waren, der Träume und Verkaufsstrategien von einer auf die andere Seite der Oder. Er erzählt von einer Gruppe ukrainischer Flüchtlinge (u.a. Ivan Shvedoff), die von ihren Schleppern im Nirgendwo der polnischen Grenzregion abgesetzt werden; von westdeutschem Bauunternehmertum (u.a. Herbert Knaup), das im Osten den schnellen Euro machen will; von Zigaretten schmuggelnden Halbwüchsigen (u.a. Sebastian Urzendowsky), die von einem Ausweg aus ihrem Elend träumen. Und von einem Matratzenhändler (Devid Striesow), der in jedem der vielen ostdeutschen Arbeitslosen einen potenziellen Kunden sieht – und trotzdem auf seiner gesamten Ware sitzen bleibt.

Private Idyllen oder freundlich gestalteten öffentlichen Raum sucht der Zuschauer in Schmids groß angelegter Forschungsstudie über die Folgen eines neuen Turbokapitalismus vergeblich. Sein Film, auf der Berlinale 2003 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet, kommt genauso wenig zur Ruhe wie die Menschen, von denen er handelt. Meist sieht man die Charaktere beim hastigen Transfer zwischen Frankfurt/Oder und dem polnischen Städtchen Slubice. Den Gesetzen des Marktes sind keine Beschränkungen mehr aufgelegt, Solidarität ist fast immer zum Scheitern verurteilt. Nur wer über Waren oder Währungen verfügt, darf sich Hoffnungen machen, ein Stück weiter zu kommen. Deshalb wechseln in dem Film ununterbrochen Euros, Dollars, Zigaretten den Besitzer. Und zum Schluss sogar ein paar der leidigen Matratzen.

Quelle: Christian Buß, Birgit Glombitza (Red.): "Deutschland, revisited". (Katalog zur gleichnamigen Retrospektive im Kommunalen Kino Metropolis Mai - Juli 2004). Hamburg: Kinemathek Hamburg e.V., 2004

Rechtsstatus