Asphalt

Deutschland 1928/1929 Spielfilm

Asphalt




Ernst Blaß, Berliner Tageblatt, Nr. 130, 17.3.1929



Geld! Geld! Geld!
ruft"s aus dem Film. Er ist französischer Abkunft, aus Zola-Motiven ins heutige Leben übersetzt, von dem ausgezeichneten Regisseur Marcel L"Herbier inszeniert. Auch "Asphalt", ein deutscher Film von Joe May, beginnt heutig und großstädtisch, mit einer packenden Vision Berlins. Aber was dann folgt, ist das Erleben eines einzelnen Sipomanns mit Pflicht und Verführung, nochmals Pflicht, Reue und Buße; ein Volksstückinhalt von ärmlichstem Geschmack.



Denn der Zuschauer ist nun einmal kein Sipomann, und es wirkt auf ihn moralisch nicht durchaus erhellend, daß soviel Unglück folgen muß, wenn da ein jüngerer Schutzmann von einer reizvollen Diebin betört wird und seine Anzeige unterläßt. Der Vater, ein alter Sipomann, sagt zwar "Recht muß auch Recht bleiben", bevor er seinen geliebten Sohn denunziert. Er hätte sich aber besser auf den Standpunkt gestellt, daß höchstes Jus höchste Ungerechtigkeit ist, wie ein altes Rechtssprichwort mit großer Weisheit lehrt. Das Maß der Reue, Buße, Strafe hier geht schon moralisch weit über das Vorgefallene hinaus, nun erst ästhetisch!


Filmisch ist das meiste recht amüsant gemacht; Joe May ist hier weniger weitschweifig als in "Dagfin" und "Heimkehr". Doch wäre manches sehr zu kürzen. May nimmt die Seelenkämpfe seiner Figuren zu schwer. Man möchte ihm manchmal gut zureden: daß die ganze Sache noch nicht halb so schlimm sei. Und die Verführungsszene, bei der der blonde Gustav Fröhlich seine polizeilichen Pflichten vergißt, ist beträchtlich naiv. So ein Anspringen, so eine Umklammerung, so ein Nichtloslassen ist des Guten zuviel. Es muß eher abstoßend wirken, auch auf Sipomänner.


Mays großes Talent liegt in seiner Wucht; er neigt aber dazu, sie in Kleinigkeiten zu schwächen. Die Chance des Films hieß Asphalt, Pflaster, Verkehr; die Chance des Films hieß: Chance; meinetwegen auch erotische. Doch die Erotik ist kurz, – die Reue lang, in der Filmbehandlung.




Übrigens
ist Fröhlich als junger Verkehrspolizist vorzüglich; hier hat die Ufa
eine ausgezeichnete Kraft, die sie nicht an weinerliche und neckische
Stellen setzen soll. Ein junger, volkstümlicher Mann. Steinrück:
bedeutend als väterlicher Wachtmeister, in dieser charaktervollen
Subalternität; in dieser Unbeiirtheit. Ein menschliches Vatermassiv.
Betty Amann: ein neues Gesicht, doch manchmal dem bekannten der
Dita
Parlo überaus ähnlich. Wie diese offenbar eher für das Lustspiel
geeignet. Gut jedenfalls, daß die Ufa auf Entdeckungen ausgeht.


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