Otto John - Eine deutsche Geschichte

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Heinz17herne
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Otto John (1909 – 1997), der erste Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, verschwand 1954 nach einer Gedenkfeier für die Opfer des 20. Juli 1944 in West-Berlin spurlos. Wie sich wenig später herausstellte, war er zusammen mit dem so prominenten wie umstrittenen Frauenarzt Wolfgang Wohlgemuth nach Ost-Berlin gereist. Freiwillig oder gezwungen? Eine Frage, die sich fünfzehn Monate später stellte nach Johns Rückkehr in den Westen. Die ihm der dänische Journalist Henrik Bonde-Henriksen ermöglichte. Obwohl er beteuerte, entführt worden zu sein, wurde John verhaftet und wegen Spionage für den KGB zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Was mit einem Berufsverbot für den nun vorbestraften Rechtsanwalt einherging.

Otto John war als bei der Lufthansa tätiger Jurist durch Dietrich Bonhoeffers Bruder Klaus zum Widerstand gegen das Nazi-Regime gekommen und hatte sich an den Vorbereitungen zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt. Während sein Bruder Hans John an Freislers Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und noch am 23. April 1945 von der SS hingerichtet wurde, gelang ihm die Flucht nach London, wo er bis Kriegsende beim britischen Propaganda-Soldatensender Calais tätig war.

Der Fall Otto John sei die deutsche Dreyfus-Affäre, konstatierte Prinz Louis Ferdinand von Preußen, bis zu seinem Tod 1994 ein enger Freund Otto Johns. Trotz weiterer prominenter Unterstützer aus Politik und Gesellschaft wurde Otto John erst 1986 durch den damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker begnadigt. Danach kämpfte er aus seinem zweiten Exil Österreich weiter für seine Rehabilitation – Motivation für Erwin Leiser, einem der spektakulärsten, aber auch heikelsten Fälle der deutschen Nachkriegsjustiz einen 90-minütigen Dokumentarfilm zu widmen.

Uraufgeführt im August 1995 beim Int. Filmfestival Locarno wurde er nach seiner Deutschen Erstaufführung Anfang November 1995 beim Int. Leipziger Festival für Dokumentations- und Animationsfilme „Dok“ mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis als Bester publizistischer Beitrag ausgezeichnet. Dennoch war ihm nur ein kurzes Programmkino-Dasein beschieden. Der Erstausstrahlung bei Arte folgte eine Diskussion, an der u.a. auch Erwin Leiser und der frühere russische Botschafter in Bonn, Valentin Falin, teilnahmen.

„Otto John – Eine deutsche Geschichte“ ist eine berührende, weil dezidiert Stellung beziehende Dokumentation. Erwin Leiser verzichtet bewusst auf Distanz, sondern nimmt in seiner auf Emotionen setzenden Montage Partei für Otto John, was naturgemäß auch zu kritischen Reaktionen geführt hat. Henrik Bonde-Henriksen spricht Klartext: Die Richter, die als Vertreter des Bundesgerichtshofs am 22. Dezember 1956 das Urteil über John fällten, hatten bereits dem NS-Staat treu gedient und waren „glücklich darüber, einen lebendigen Widerstandskämpfer in ihren Händen zu haben.“

Pitt Herrmann


Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 1995 - 1995: Umgebung von Innsbruck, Berlin [Jahresanfang]
Länge:
90 min
Format:
16mm, 1:1,37
Bild/Ton:
Eastmancolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): November 1995, Leipzig, IFF - Wettbewerb;
TV-Erstsendung (DE FR): 16.02.1996, Arte

Titel

  • Originaltitel (DE) Otto John - Eine deutsche Geschichte

Fassungen

Original

Länge:
90 min
Format:
16mm, 1:1,37
Bild/Ton:
Eastmancolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): November 1995, Leipzig, IFF - Wettbewerb;
TV-Erstsendung (DE FR): 16.02.1996, Arte