König Karl

DDR 1985/1986 TV-Film

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Heinz17herne
Heinz17herne
Seit der über vierzig Jahre lang glücklich verheiratete Witwer Karl Zobawa (Herbert Köfer) als Förster in den Ruhestand getreten ist, eine „hellhörige Neubauwohnung“ in einer städtischen Plattenbausiedlung bezogen hat und vom Wohnbezirksausschuss auch noch zum Hausvertrauensmann des Wohnblocks Mozartallee 25 ernannt worden ist, duldet der von den anderen Mietern nur „König Karl“ genannte Senior keinen Widerspruch. Was nicht unbedingt eine Respektsbezeugung für einen Kümmerer ist, der „so etwas wie Gemeinschaftssinn“ entstehen lassen will und sich für „Frieden und normales Zusammenleben“ ohne Rücksicht – und vor allem ungebeten - in die Angelegenheiten seiner Nachbarn einmischt.

Eben weil er eine so glückliche Ehe geführt hat, ist Karl von einem Missionierungseifer beseelt, der keine Grenzen zu kennen scheint. Mit der jungen Hebamme Uta Storm (Birgit Frohriep), die vor der nächsten Mieterversammlung im Gemeinschaftsraum des Kellers stets bei ihm im Wohnzimmer die Stullen schmiert, mit der attraktiven Veterinäringenieurin Beate Karaseck (Helga Piur) und nicht zuletzt mit dem im Einzelhandel tätigen Küken der Hausgemeinschaft, Claudia Sperling (Cathrin Hoffmann-Fehrle), wohnt er mit drei Singles im heiratsfähigen Alter unter einem Dach, die entweder geschieden sind oder in Claudias Fall mehrfach von der Liebe enttäuscht wurden. Die ebenfalls alleinlebende, recht pedantische Theater-Souffleuse Frau von Wulf-Hegel (Gertraud Last), die nur Augen und Ohren für ihren sensiblen Zimmertiger von Kater hat, fällt ebenso durch Karls Raster wie der gute Geist des Hauses, seine Altersgenossin Charlotte Krusemark (Helga Göring), die sich um ihren Enkel Michael „Mischa“ Krusemark (auch als vorwitziger Ich-Erzähler aus seinem „Geheim-Tagebuch”: Mark Poser) kümmert, da dessen Vater beruflich in Moskau weilt.

Auch auf der männlichen Bewohnerseite gibt es lauter Scheidungsgeschädigte: Wolfgang Bestehorn (Kaspar Eichel) kümmert sich nur noch um sein Auto, weshalb er an die Decke geht, nachdem Nachbarin Beate mit ihrem Trabi seinem guten Stück zu nahe gekommen ist – und das bei der Ersatzteilsituation im Land! Schorsch Liebenstrom (Manfred Richter) war einmal ein vielversprechender Kugelstoßer und ist, seit seine große Liebe zerbrach, völlig außer Form – was König Karl eine „nationale Tragödie“ nennt. Ein starker Kerl ist auch Michael Süß (Günter Schubert), Ökonom und nebenbei in der DDR „Schallplattenunterhalter“ genannter Discjockey, während der gerade eingezogene neue Mieter Hans-Jürgen Engel (Paul Arenkens) als privat frisch getrennter Standesbeamter beim Rat der Stadt sein Heil in der Biologie sucht, welcher seine ganze Leidenschaft gehört.

Karl verliest auf der Mieterversammlung, auf der nur Claudia wegen Inventur fehlt, ein Schreiben des Wohnbezirksausschusses, nach dem das Mieterkollektiv Mozartallee 25 für besondere Verdienste im „Mach mit“-Wettbewerb in drei Wochen öffentlich ausgezeichnet werden soll – mit entsprechendem Medienrummel. Kann sich nur um eine Verwechslung handeln, sind sich alle einig – aber blamieren will sich auch niemand. Also wird Karls Arbeitsplan für die folgenden 21 Tage ohne Murren akzeptiert. Der „Treppenhaus-Caruso“ Wolfgang trällert seine Schlager nur noch leise vor sich hin, Schorsch verlegt seine nervtötenden Sprechübungen in Karls Wohnung, Uta verhilft Hans-Jürgen mit einem privaten Kochkurs zu gesunder Ernährung und Mischa wischt seinen mit Kreide an die Kellertür geschriebenen Spruch von „Frau Wulfekel“ mit einem feuchten Lappen weg: Gegenseitige Rücksichtnahme und Höflichkeit in Worten und Gesten sind nun Trumpf.

„Engelchen“ hat schon wieder Liebeskummer und weint sich bei König Karl aus, der Schorsch ins Gespräch bringt: „Ich bin ‘ne zarte Frau und keine Trainingseinheit“ weist sie alle Kuppelversuche von sich. Sie stehe vielmehr auf reife Männer – nicht auf „Jungs“ in ihrem Alter. Was sich freilich ändern könnte, denn Karls Enkel Henry Zobawa (Joachim Kaps) verbringt einige Tage seine Ferien bei Opa in der Stadt – zur großen Freude von Mischa. Der nicht auf den Mund gefallene Jungpionier kann sich als Blumen-Liebesbote die eine oder andere Mark verdienen für seinen Traum einer Taucherbrille. Mit Schorsch und Uta dagegen könnte es ganz von allein ‘was werden – wenn König Karl nicht dazwischenfunken würde. Der auch noch ungefragt Kontaktanzeigen für die „Wochenpost“ formuliert hat – was das Fass zum Überlaufen bringt. An seiner Stelle wählt das Mieterkollektiv Charlotte Krusemark zum „Hausvertrauensmann“, was Karl überraschend positiv aufnimmt: Nun zeigt sich doch erstmals der von ihm eingeforderte Zusammenhalt. Der zum 70. Geburtstag Karl Zobawas auch endlich den König mit seiner Königin Charlotte zusammenführt…

Peter Volksdorfs Adaption seines Volksstücks für das Fernsehen (PL Kurt Schmidt) hat Günter Stahnke ganz im Stil einer Theateraufführung als auf zwei Räume beschränktes Kammerspiel inszeniert (Kamera: Hermann Grübler). Dabei kommt die landsmannschaftliche Vielfalt der Bewohner von Nord (Uta Storm) bis Süd (Charlotte Krusemark) auch in der Dialektfärbung der Schauspieler zum Ausdruck. „König Karl“ ist dem Komödianten aus Leidenschaft Herbert Köfer auf den Leib geschrieben: der DDR-Fernsehliebling hat stets auch Theater gespielt, nach der Wiedervereinigung stand er etwa in „Opa ist die beste Oma“ in Dresden sowie in seiner Paraderolle „Pension Schöller“ am West-Berliner Kudamm auf den Brettern. In diesem über gut neunzig Minuten herrlich wortwitzigen Stück bleibt auch Raum für kritische Spitzen über die oft mangelhafte Versorgungslage (mit Auto-Ersatzteilen) hinaus: Schorsch ist bei der DJ-Prüfung nicht über seine sprachlichen Schwächen gestolpert, sondern über seine politischen. Er konnte die Rolle der Folklore in den sozialistischen Bruderländern nicht ausreichend erklären.

Pitt Herrmann


Credits

Alle Credits

Aufführung:

Uraufführung (DD): 18.02.1986, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) König Karl

Fassungen

Original

Aufführung:

Uraufführung (DD): 18.02.1986, DDR-TV