Comedian Harmonists

BR Deutschland 1975/1976 TV-Dokumentarfilm

Inhalt

Eberhard Fechners Dokumentarfilm dreht sich um die Karriere und das Schicksal der berühmten A-capella-Gruppe "Comedian Harmonists", die im Deutschland der 1920er und 1930er Jahre große Erfolge feierte.

 

Da drei der insgesamt sechs Sänger Juden waren, wurde die Gruppe im Jahr 1935 auf Hitlers Befehl hin aufgelöst. Der Film setzt sich aus historischem Dokumentarmaterial sowie neuen Interviews zusammen, die Fechner mit vier ehemaligen Mitgliedern der "Comedian Harmonists" führte.

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Heinz17herne
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„Veronika, der Lenz ist da“, „Wochenend und Sonnenschein“, „Du bist nicht die erste“: Anfang der 1930er Jahre sind die „Comedian Harmonists“ um den Gründer, Arrangeur und dritten Tenor Harry Frommermann (später Frohman), den Bassisten Robert Biberti, den zweiten Tenor Erich Abraham Collin, den Pianisten Erwin Bootz, den ersten Tenor Ari Leschnikoff und den Bariton Roman Cycowski das berühmteste A-capella-Ensemble der Welt.

Sie sangen im „Kabarett der Komiker“ im Palmenhaus, Zwischentaktmusiken in der Revue „Casanova“ und Opernarien in der „Barberina-Bar“ sowie in der mondänen Nachtbar „Valencia“, begeisterten im Film „Die drei von der Tankstelle“ mit ihrem Schlager „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“, waren für populäre Gassenhauer gut, aber auch für Operetten-Evergreens und freche Chansons. Harry Frommermann, Schauspieler bei Erwin Piscator, hatte 1927 im „Berliner Lokalanzeiger“ junge Männer „nicht über 25“ mit „schönklingenden Stimmen“ gesucht für ein der leichten Muse verpflichtetes Gesangsensemble.

„Die Darbietungen des Ensembles sind nicht geeignet, den Wehrgedanken im deutschen Volk zu stützen“: 1935 stehen die „Comedian Harmonists“ auf dem Gipfel des Erfolges, haben nach Auftritten in ganz Europa gerade ihre erste Amerika-Tournee hinter sich, als sie auf Anordnung der Berliner Reichskulturkammer auseinandergerissen werden: die Hälfte des Sextetts besteht aus Juden.

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt...“: Es hat ernsthafte Überlegungen gegeben, den Nazi-Barbaren gemeinsam den Rücken zu kehren. Doch Robert Biberti gründete im Reich lieber mit den beiden Ariern Bootz und Leschnikoff, den Fechner im bulgarischen Sofia ausfindig machte, das „Meister-Sextett“, als Roman Cycowski, der als Kantor von einer jüdischen Gemeinde angestellt worden ist und heute als Pensionär mit seiner Gattin Mary im kalifornischen Palm Springs lebt, über den Großen Teich zu folgen.

Collin ist 1961 in den USA gestorben, während Frommermann, der sich der US-Army anschloss und nach dem Krieg nach Deutschland zurückkehrte, 1975 während der Vorbereitung des Fechner-Films in Bremen verstarb. Er hat 1946 den „Rundfunk im amerikanischen Sektor (Rias)“ in Berlin mitaufgebaut und musste gegen Biberti vor Gericht ziehen, um an Tantiemen aus den Einnahmen der Dreißiger Jahre zu kommen. Und um auf den Schallplattenhüllen der Nachkriegspressungen Bibertis niederträchtige Lüge zu tilgen, er habe die „Comedian Harmonists“ gegründet: es war nachweislich Frommermann.

Eberhard Fechners erfreulich nüchterner, was das Verhalten der arischen Deutschen betrifft, ernüchternder Dokumentarfilm, eine Eigenproduktion des Norddeutschen Rundfunks (PL Karl Heinz Knippenberg), basiert auf historischem Dokumentarmaterial sowie Interviews, die Fechner mit vier ehemaligen Mitgliedern der „Comedian Harmonists“ führte und die das Bild von sechs Freunden, die zusammen Musik nach dem Vorbild des amerikanischen Quartetts „The Revellers“ machen, gründlich revidiert. Die erste Platte war übrigens noch in englischer Sprache aufgenommen worden.

Mit Hilfe der Zeitzeugen Robert Biberti, Erwin Bootz, Annemarie und Erich A. Collin, Fernande Currie, Mary und Roman Cycowski, Harry Frommermann, Marion Kiss, Ari Leschnikoff sowie Erika von Späth lässt Fechner, der sich mit einer eigenen Kommentierung sehr zurückhält, die Betroffenen selbst zu Wort kommen. Und nicht nur das: Kameramann Reiner Schäffer lässt sie auch durch Gestik und Mimik „sprechen“.

Das enorme Material von insgesamt 65 Stunden (Kamera: Wolfgang Liburg und Rainer Schäffer) hat Fechner zusammen mit seiner Cutterin Brigitte Kirsche auf abwechslungsreiche drei Stunden aufbereitet, indem er zur originalen Musik (zeitgleich mit dem Film von EMI Electrola auf zwei Schallplatten neu herausgebracht) Dokumente und Live-Gespräche nicht chronologisch, sondern, so jedenfalls mein Eindruck, assoziativ zusammenstellte. In langen Porträtstudien werden Widersprüche ohne kommentierendes Eingreifen Fechners von selbst offenbar. Hier ist der Zuschauer gefordert, sich selbst ein Bild zu machen.

Eberhard Fechner, der 1974/75 für das ZDF Walter Kempowskis Roman „Tadellöser & Wolff“ adaptierte und einen enormen Erfolg erzielte, hatte sich gleich anschließend für den NDR, seinen Hauptarbeitgeber seit Mitte der Sechziger Jahre, mit der weltweit erfolgreichen A-capella-Gruppe beschäftigt. „Die Comedian Harmonists – sechs Lebensläufe“ sind, aufgeteilt auf zwei jeweils 95 Minuten lange Folgen, am 18. und 20. Dezember 1976 im Dritten Programm der Nordkette uraufgeführt und, ohne Artikel im Titel, am 29. und 31. Mai 1977 als Zweiteiler in der ARD ausgestrahlt worden.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
2 x 95 min (25 b/s)
Format:
16mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 18.12.1976, Nord 3 [1. Teil];
Uraufführung (DE): 20.12.1976, Nord 3 [2. Teil]

Titel

  • Originaltitel (DE) Comedian Harmonists

Fassungen

Original

Länge:
2 x 95 min (25 b/s)
Format:
16mm, 1:1,37
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 18.12.1976, Nord 3 [1. Teil];
Uraufführung (DE): 20.12.1976, Nord 3 [2. Teil]